Wie soll der Menstruationsurlaub aussehen? Frauen, die während ihrer Periode starke Schmerzen erleiden, sollen für einen nicht genauer definierten Zeitraum zu Hause bleiben dürfen – immer unter ärztlicher Aufsicht oder Anweisung. Es ist also kein Urlaub, sondern eine erleichterte Krankschreibung, sozusagen die Erweiterung eines bereits bestehenden Rechts.
Warum geht ausgerechnet bei diesem Thema Spanien voran? «Die derzeit regierende spanische Linkskoalition hat sich feministische Politik gross auf die Fahne geschrieben», sagt die Journalistin Julia Macher. Die Koalition setzt dabei immer auch auf Symbole und politische Massnahmen, die Debatten anstossen – zum Beispiel im Bereich der Medizin.
Was will die Regierung mit dieser Massnahme bezwecken? Laut Gesundheitsexperten werden Krankheiten wie Endometriose oder Erkrankungen, die mit der Menstruation in Verbindung stehen, oft spät und unzureichend erkannt. Die Vorstellung, dass die Periode schmerzhaft sein müsse, stecke tief in unseren Köpfen. «Dieser falschen Vorstellung will man mit dem Menstruationsurlaub entgegenwirken», sagt Julia Macher.
Was sagen die Kritiker? Der Vorstoss für diesen «Urlaub» war innerhalb der spanischen Koalition nicht unumstritten: Die Wirtschaftsministerin Nadia Calviño sprach von der Gefahr einer Stigmatisierung von Frauen. Letzten Endes konnte sie sich damit aber nicht durchsetzen.
Drohen den Frauen Nachteile im Arbeitsleben? In Italien ist bereits ein ähnliches Vorhaben vor einigen Jahren gescheitert, weil die Frauen eine Stigmatisierung fürchteten. In Japan könnten Frauen bei Regelschmerzen zu Hause bleiben, tun das aber offenbar selten, weil sie mit ihren Menstruationsproblemen nicht zu ihren männlichen Vorgesetzten gehen möchten. «Genau die gleichen Befürchtungen gibt es auch in Spanien», so Julia Macher.
Welche Massnahmen müssten noch getroffen werden? Die Gleichstellungsbeauftragte von Comisiones Obreras , einer grossen spanischen Gewerkschaft, begrüsst den Vorstoss, betont aber gleichzeitig, dass viele Details noch nicht ausreichend geklärt sind – vor allem, was den Schutz der Privatsphäre angeht.
Ausserdem müssten bei solchen Massnahmen auch die Gleichstellungspläne in den einzelnen Betrieben ausgebaut und überwacht werden. Nur so könne man einem Szenario vorbeugen, dass Personalchefs beim Einstellungsgespräch im Zweifel einen Mann rekrutieren, denn eine Frau könnte sich einmal im Monat ganz leicht krankschreiben lassen.
Wie kommt der Vorstoss in der Bevölkerung an? Es wird stark über dieses Thema diskutiert. Es gibt Menschen, die die Idee begrüssen und Menschen, die den Vorstoss für eine diskriminierende Massnahme halten. Auf Twitter und in sozialen Netzwerken trenden die entsprechenden Hashtags.
«Das Ziel der Regierung wurde erreicht: eine gesellschaftliche Debatte anzustossen, über Menstruation und was Menstruation für bestimmte Frauen bedeutet», ist sich Macher sicher.