Gäste, die beim Besuch die Schuhe ausziehen müssen? Für sie eine Zumutung. Aber ein Teppich in der Küche? Unbedingt! Marianne Kohler Nizamuddin sorgt mit ihrem charmanten Wohnblog «Sweet Home» seit zwölf Jahren für Inspiration, wie wir unser Zuhause hübscher und persönlicher machen können. Sie schreibt über neue Wohntrends und gewärt regelmässig Einblicke in Stadtwohnungen, Lofts und Landhäuser.
Damit trifft die Zürcherin einen Nerv: Jeden Monat verfolgen rund eine halbe Million Leserinnen und Leser ihre Geschichten – was «Sweet Home» zum meistgelesenen Schweizer Blog für Interior Design macht.
SRF: Durch Ihre Arbeit haben Sie Einblick in ganz unterschiedliche Wohnformen. Welches Verhältnis haben Schweizerinnen und Schweizer zum Wohnen?
Marianne Kohler Nizamuddin: Es fehlt der Mut beim Einrichten. Ein Grund ist bestimmt, dass die meisten Menschen in der Schweiz zur Miete wohnen: Wenn einem die Wohnung nicht gehört, hat man viel mehr Hemmungen, auch mal Wände farbig zu streichen oder etwas auf Mass machen zu lassen.
Ein buntes Sofa wäre zumindest ein Anfang …
Das ist eben das andere: Hierzulande kaufen viele konservativ ein. Selbst bei Jungen, die am Anfang ihres Wohnlebens stehen, beobachte ich das. Wenn sie ein Sofa kaufen, dann eines in Beige – damit es möglichst lange nicht verleide. Aber ich frage mich: Was verleidet schneller als ein beigefarbenes Sofa?
Ordnung ist gut, aber minimalistische Strenge empfinde ich als Sinnes-Killer.
In der Schweiz investiert man auch gerne in bekannte Designklassiker – etwa, weil man sich mit anderen vergleicht, oder weil sich solche Möbel wieder gut verkaufen lassen. Grundsätzlich glaube ich aber nicht, dass man in der Schweiz hässlich oder schlecht wohnt, höchstens ein bisschen ungemütlich.
Tausende blicken dank Ihnen in fremde Schweizer Stuben. Worin liegt der Reiz, anderen beim Wohnen zuzugucken?
Es ist der Schlüsselloch-Effekt, der Einblick in etwas ganz Privates. Wenn ich zum Beispiel mit meinem Hund spazieren gehe und die Häuser betrachte, denke ich an Adventskalender. Man möchte unbedingt die Türchen öffnen und schauen, was sich dahinter verbirgt.
Eine Arbeitskollegin meinte, Ihr Blog sei die perfekte kleine Flucht aus dem Alltag – blöd nur, dass das eigene Chaos daheim umso grösser scheine. Das frustriert!
Mein Blog ist ja nicht elitär. Wir zeigen mit unseren Homestorys ganz unterschiedliche Wohnsituationen, da ist nicht immer alles perfekt.
Und man darf nicht vergessen: Fotos sind Momentaufnahmen – die Leute haben vorher aufgeräumt und alles hübsch gemacht. Auch wenn es schon mal vorkam, dass wir bei einem Hausbesuch staubsaugen mussten …
Man muss nicht sofort alles perfekt eingerichtet haben. Eine Einrichtung darf wachsen und sich den Bedürfnissen anpassen.
Wenn man das heimische Chaos rasch beseitigen möchte, rate ich zu folgendem Trick: Alles, was rumliegt, mit einem Korb sammeln und erst dann sortieren, wenn man Zeit hat.
Ein züchtiges Ordnungssystem à la Marie Kondo ist keine Option?
Für mich nicht. Ordnung ist gut, aber minimalistische Strenge empfinde ich als Sinnes-Killer.
Wenn nicht mit Kondo – wo anfangen, wenn man «schöner wohnen» will?
Mit dem Cinderella-Effekt: Die schönen Dinge darf man ruhig zeigen, die weniger attraktiven kommen in den Schrank – die Buchhaltung will ja niemand sehen. Stattdessen etwa die hübsche Vase, die man aus Ligurien heimgenommen hat. Was nützt die im Schrank? Es ist doch schade, sie nur hervorzunehmen, wenn man Blumen kauft oder bekommt.
Man muss auch nicht sofort alles perfekt eingerichtet haben. Eine Einrichtung darf wachsen und sich den Bedürfnissen anpassen. Das erst macht eine Wohnung komfortabel und persönlich.
Und was brauchen Sie, damit Sie sich daheim wohl fühlen?
Gemütlichkeit, Farben und Muster. Mein Mann und ich leben sehr persönlich und eklektisch – Antikes mischt sich mit Fundstücken vom Flohmarkt. Ich habe nichts zuhause, das aus Möbelhäusern kommt.
Das Gespräch führte Christian Schaub.