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Bürgerdialog in Paris Keine Lust auf «Debatten-Blabla»

Kulturpolitik ist kein Teil von Emmanuel Macrons Bürgerdialog. Die Pariser Kunstszene organisiert sich deshalb selbst – mit durchzogenem Resultat.

Rund 400 Menschen sitzen am frühen Abend im überglasten Innenhof der Pariser Hochschule der Künste. Ihnen gegenüber, auf einem kleinen Plateau, haben der Direktor der Hochschule und eine Handvoll Kulturjournalisten Platz genommen.

Dreieinhalb Stunden wollen sie über Frankreichs Kulturpolitik diskutieren. Es ist die erste von zwei öffentlichen Kulturdebatten, zu der die französische Stiftung für Kulturgut und die Kunstzeitschrift «Beaux Arts» eingeladen haben.

«Man darf die Kultur nicht links liegen lassen»

«Wir wollen mit unserer Initiative eine politische Fehlentscheidung ausgleichen», sagt Frederic Jousset, der Besitzer von «Beaux Arts». Er kritisiert, dass die Kulturpolitik in Frankreich nicht auf der Themenliste steht, die Staatschef Emmanuel Macron für die landesweiten Bürgerdebatten vorgegeben hat.

Die Gelbwesten-Krise sei ein alarmierendes Zeichen für ein Auseinanderdriften der Nation, sagt Jousset. «Wenn es dem Land schlecht geht, darf man die Kultur nicht links liegen lassen.»

Podium mit mehreren Menschen in einem grossen Saal
Legende: Viele Teilnehmer sind von der Kulturdebatte in der Pariser Hochschule der Künste enttäuscht. Margit Hillmann

Viele Vorschläge, wenig Neues

«Kultur für alle!», ist der Titel des ersten Teils der Debatte. Sofort heben sich etliche Arme im Publikum.

Einer erzählt vom Erfolg eines Kulturcafés in einer kleinen Gemeinde im Pariser Umland. Die Politik müsse solche Cafés auf dem Land gezielt fördern, die Nachfrage sei sehr gross – sogar bei den Gelbwesten, findet er.

Andere fordern mehr Kultur in der Wirtschaft, beschweren sich über den mittelmässigen Kunstunterricht an Frankreichs Schulen, oder trauern vergangenen Zeiten nach, als Frankreichs Kulturpolitiker noch Visionen und anständige Budgets hatten.

Doch schon nach einer knappen Stunde lichten sich die Sitzreihen. Eine Mittfünfzigerin, die in einem Pariser Musikverlag arbeitet, zieht ihren Mantel an. Sie hat sich mehr von der Kulturdedatte versprochen.

Hier sei die «Bourgeoisie der Pariser Kulturszene» versammelt, viele würden sich nur profilieren wollen, bedauert sie.

Der Minister schweigt

Gegen Ende der Debatte taucht dann auch noch der französische Kulturminister Franck Riester auf. Eine halbe Stunde lang lauscht er still der Kritik aus dem Publikum.

Zu hören bekommt er Kritik an der neuen Gesetzgebung zum sozialen Wohnungsbau und am geplanten Innenumbau des Pariser Grand Palais: Das Prestigeprojekt sei sündhaft teuer, aber die Aussenfassade mit ihren wertvollen Statuen bröckle weiter.

Sogar Kritik an Macrons Kulturpass-Projekt muss der Minister einstecken: Der 500-Euro-Kulturgutschein, den alle französischen Jugendlichen mit 18 Jahren erhalten, sei ein Tropfen auf dem heissen Stein. Es müsse den Pass für alle Franzosen geben, die nicht das Geld haben, ins Theater oder Museum zu gehen.

Dann endlich greift der Minister zum Mikrofon. Er lobt eine interessante Debatte und das Engagement der Kulturschaffenden.

Aber Antworten auf die Kritik gibt er nicht. Lediglich das vage Versprechen, die mit den Initiatoren vereinbarte Zusammenfassung der Kritiken und Vorschläge an den Staatschef weiterzuleiten.

Wenig Vertrauen in Macrons Politik

Eine paar Kunststudenten, die draussen auf den Stufen sitzen, schauen dem Minister nach, der mit seinen Bodyguards wieder eilig abzieht. Sie haben seine Rede nicht gehört. Sie hatten schon nach einer Viertelstunde genug von dem «Debatten-Blabla», sagen sie.

So oder so werde Macron seine wirtschaftsliberale Politik durchziehen, auch wenn die Mehrheit der Franzosen dagegen sei. Davon sind sie fest überzeugt.

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