Seit April 2020 verteilt Suisseculture Sociale Corona-Nothilfen an Künstlerinnen und Künstler. Die Trägerin des Sozialfonds des Dachverbands der Schweizer Kulturverbände hat bislang insgesamt 32 Millionen Franken ausbezahlt. Per Ende Jahr ist Schluss damit.
Viele Kulturschaffende sehen sich deshalb in einer schwierigen Lage. Ein Gespräch auf der Suche nach Auswegen.
SRF: 600 Haushalte und Personen aus dem Kulturbereich seien ab Januar 2023 auf Sozialhilfe angewiesen, schreibt Suisseculture Sociale. Wie ist die wirtschaftliche Lage dieser Gruppe?
Nicole Pfister Fetz: Unsere Studie aus dem letzten Jahr hat ergeben, dass 60 Prozent der Kulturschaffenden maximal 40'000 Franken im Jahr verdienen. Das ist sehr wenig.
Aus der AHV erhalten sie zudem kaum Altersvorsorge. Viele Kulturschaffende haben bereits vor der Pandemie unter höchst prekären Umständen gelebt. Die Corona-Krise hat die Lage nun verschärft.
Nicht nur die wirtschaftliche Lage ist prekär, sondern auch die psychische.
Viele standen während des Lockdowns unter Schock und lebten quasi von Monat zu Monat. Nach Aufhebung der Massnahmen konnten einige wieder Einkommen generieren. Bei anderen hat sich jedoch eine enorme Verzweiflung eingestellt. Nicht nur die wirtschaftliche Lage ist prekär, sondern auch die psychische.
Ihre Organisation hat mehrere tausend Personen unterstützt, ergänzend zu den Ausfallentschädigungen, dem Erwerbsersatz und allfälligen Entschädigungen von der AHV. Nun müssen Kulturschaffende teils Sozialhilfe in Anspruch nehmen. Gibt es keine kulturspezifischen Anschlusslösungen mehr?
Nein, nicht im Sinne von Covid-Unterstützungsmassnahmen. Es gibt ein paar Angebote aus dem privaten Sektor und Unterstützung im Bereich der Nothilfe für Kulturschaffende, die durch alle Maschen fallen. Suisseculture Sociale hat zudem einen eigenen Fonds, den wir aus Spenden finanzieren.
Man muss den atypischen Arbeitsverhältnissen in der Kulturbranche gerecht werden.
Und es gibt noch die Fürsorgestiftungen der Verwertungsgesellschaften Pro Litteris, Suisa oder Suissimage. Aber es sind keine kulturspezifischen Zusatzmassnahmen, ähnlich den Integrationsprogrammen bei der Arbeitslosenversicherung, angedacht.
Das Bundesamt für Kultur arbeitet zurzeit an der neuen Kulturbotschaft. Stellt es dabei auch Überlegungen zu den Lebensbedingungen der Kulturschaffenden an?
Die Arbeitswelt der Kulturschaffenden ist ein wichtiges Thema in den Gesprächen. Die atypischen Arbeitsverhältnisse der Kulturschaffenden muss man sich genauer anschauen und prüfen, wie man die Menschen in Zukunft optimal unterstützen kann. Diese Unterstützung muss den komplexen Arbeitsverhältnissen in der Kulturbranche gerecht werden.
Das Gespräch führte Raphael Zehnder.