Es begann mit einer geheimen Aktion: 2012 stellte eine Gruppe von Thermalwasser-Begeisterten ihr erstes «Guerilla-Bädli» am Limmatufer auf. Das Thermalwasser wurde heimlich angezapft, ein temporäres Becken mit Schalenbrettern gezimmert. Am frühen Morgen war alles wieder abgebaut, als ob nichts gewesen wäre.
Die Aktion sei für die Gruppe eine Art Selbsthilfe gewesen, sagt Andriu Deflorin vom Verein «Bagni Popolari». 2012 schloss das alte, bereits ziemlich heruntergekommene Badener Thermalbad seine Türen.
«Wir gehörten zu den letzten, die dort noch badeten», erzählt Deflorin. «Man hat uns buchstäblich das Wasser unter dem Hintern abgelassen. Wir wollten aber das Thermalwasser weiterhin nutzen.»
Revitalisierung des Bäderquartiers
Das Bäderquartier in Baden, wo einst die Römer das Thermalwasser genossen, ist im Aufbruch. Das neue Thermalbad von Architekt Mario Botta, das jetzt in Baden eröffnet, ist das Wahrzeichen der Bade-Renaissance.
Fast gleichzeitig hat der Verein «Bagni Popolari» Anfang des Monats zwei «Heisse Brunnen» im öffentlichen Raum eingeweiht. Diese beiden Thermalbecken können unentgeltlich benutzt werden und stehen allen offen.
«Bagni Popolari» knüpft damit an frühere Zeiten an. Bis vor rund 150 Jahren konnten alle in Baden das Thermalwasser unter freiem Himmel geniessen. Zwei Bäder auf dem Kurplatz standen damals auch den ärmeren Milieus zur Verfügung, während in den Badegasthöfen die reichen Leute abstiegen.
Seit fast zehn Jahren nun arbeitet der Verein daran, das Thermalwasser allen zugänglich zu halten. «Wir wollten, dass das Thermalwasser wieder zum Stadtbild gehört», sagt Andriu Deflorin. «Es sollte normal werden, dass Leute im Bademantel und Badehosen in der Stadt unterwegs sind und baden.»
Erfolgreiche Bürgerinitiative
Auf das nächtliche Guerillabaden folgten erste bewilligte Aktionen. Die temporären Becken und Badewannen mussten aber immer wieder abgebaut werden und ihren Standort wechseln. Es entstand der Wunsch permanente Becken mit heissem Thermalwasser zu bauen. «Bagni Popolari» stiess mit ihrer Idee aber erstmal auf Unverständnis bei den Behörden.
Beharrlich konnte der Verein die Bedenken bezüglich des Lärmes, der Hygiene und der Sicherheit aus dem Weg räumen. Über die Jahre hatte er mit all seinen Aktionen so viel Sympathie in der Stadt gewonnen, dass der Einwohnerrat das Projekt der «Heissen Brunnen» mit nur ganz wenigen Gegenstimmen guthiess. Die Stadt trägt nun die Betriebs- und Unterhaltskosten.
Verschiedene Badephilosophien
Die künftigen Gäste, die sich einen Besuch im neu eröffneten Mario Botta-Bad leisten wollen, können nun vom Aussenbecken auf die Thermalbadenden in den «Heissen Brunnen» runterblicken. Es sei kein Konkurrenzverhältnis, sagt Andriu Deflorin. Es seien halt einfach unterschiedliche Arten das Thermalwasser zu geniessen, die sich ergänzen und verschiedene Leute ansprechen.
«Das Botta-Bad ist ein Wellness-Tempel mit verschiedenen Angeboten. Unsere «Heissen Brunnen» sind ganz einfach und niederschwellig: Es braucht nur eine Badehose.»