Zu Lebzeiten wurde Kardinal Joachim Meisner nachgesagt, er habe mehr Kritiker als Freunde. Er hatte erzkatholische Ansichten, verstand sich als Hüter einer strengen Lehre und als «Wachhund Gottes». Er war mehr Spalter als Brückenbauer – und das ausgerechnet im sonst so liberalen Köln.
Der Schweizer Star-Architekt Peter Zumthor kann Meisner dennoch viel Positives abgewinnen. Die beiden verbindet der Bau des Kolumba-Museums, dem Kölner Diözesanmuseum.
So rückwärtsgewandt und konservativ der Kardinal kirchenpolitisch auch war – wenn es um Kunst ging, überraschte er seine Kritiker.
Pompöse Kunstsammlung
Das 2007 eingeweihte «Kolumba»-Museum ist alles andere als ein verstaubtes Diözesanmuseum. Es hat Werke von Josef Beuys und Andy Warhol – zwei Künstler, die für einen ganz anderen Lebensstil stehen als Kardinal Meisner ihn predigte.
«Ich habe Kardinal Meisner in guter Erinnerung», sagt Peter Zumthor. «Der sehr konservative Ruf als Hardliner, der ihm anhaftete, habe ich selber nicht erlebt. Während der fast zehnjährigen Zusammenarbeit mit ihm habe ich ihn schätzen gelernt. Er war herzlich, väterlich, verständnisvoll», berichtet Zumthor.
Fauxpas zur Eröffnung
Auch wenn sich das «Kolumba»-Museum weltoffen gibt, blieb von der Eröffnung ein Fauxpas in Erinnerung. Meisner sprach von «entarteter» Kultur und wählte damit unkritisch nationalsozialistisches Vokabular.
Auch sorgte sein Verhalten gegenüber dem Künstler Gerhard Richter für Schlagzeilen. Als Richter ein Fenster für den Kölner Dom gestalten sollte, versuchte Meisner den Entwurf zu diskreditieren – mit den Worten, die bunten Fenster passten besser in eine Moschee als in den Kölner Dom. Doch die Hoheit über den Dom hat das Domkapitel – und das liess die Fenster einbauen.
Meisner und die Schweiz
Über Meisners Verhältnis zur Schweiz ist wenig bekannt. Meisners Bruder im Geiste dürfte am ehesten der konservative Churer Bischof Vitus Huonder sein. «Bischof Huonder und der Kardinal haben sich zwar gekannt, aber sie hatten nicht viel Gelegenheit, sich auszutauschen», teilte dessen Mediensprecher Giuseppe Gracia mit.
Die römisch-katholische Kirche in der Schweiz ist anders aufgebaut als in Deutschland. In der Schweiz sind die Laien mächtiger, entsprechend können die Bischöfe nicht so autoritär regieren wie Kardinal Meisner es konnte.
Moderater Nachfolger
Am 15. Juli wird Joachim Meisner in Köln beigesetzt. In fast allen Nachrufen kam zur Sprache, wie sehr er polarisierte. Seine harte Haltung führte etwa zum Verbot kirchlicher Beratungsstellen für Schwangere, weswegen viele römisch-katholische Christen ihrer Kirche den Rücken kehrten.
Umso erleichterter sind viele Gläubige über den Kurs von Meisners Nachfolger, Rainer Maria Woelki, der seit 2014 im Amt ist und sich moderater gibt. Auch Peter Zumthor ist nichts Kritisches über den «Wachhund Gottes» zu entlocken: «Er mochte mich. Ich mochte ihn auch.»
Ähnlichkeit mit dem Bruder Klaus?
Was den Schweizer Architekten freut: Anlässlich der Einweihung bekam er von Kardinal Meisner den Ehrentitel «Baumeister» verliehen. «Und einige Male, als er mich wieder sah, hat er mich angeschaut und gesagt: Sie sehen dem Bruder Klaus immer ähnlicher», erzählt Zumthor.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 5.7.17, 17:22 Uhr