Fatal für die Frauen: Fünf Filme und ein Fotoband zeigen, wie der Alltag in einem Afghanistan aussieht, in dem die Taliban an der Macht sind.
Ende der Emanzipation
Schon vor der erneuten Machtergreifung durch die Taliban gehörte Afghanistan zu den frauenfeindlichsten Ländern der Welt. Ein Drittel der Mädchen besuchten die Schule. Den meisten Frauen blieb der Zutritt zur Arbeitswelt verwehrt.
Die Karriere der Tech-Frau Roya Mahboob, die dank Digitalisierung und Unternehmergeist den Taliban trotzte, könnte also seltener werden. Genau wie die der Filmemacherin Shahrbanoo Sadat, deren Erstling «Wolf and Sheep» 2016 am Filmfestival von Cannes für Furore sorgte. Sadats Film zeigt den Alltag in einem entlegenen Dorf in den Bergen von Afghanistan. (Im Stream bei Filmingo.)
Zumutung Zwangsheirat
Die Taliban ticken heute anders als jene von 2000, so der Tenor von Expertinnen und Experten dieser Tage. Und doch sei das Schlimmste zu erwarten. Heisst im Klartext: Es dürften wieder mehr junge Frauen zwangsverheiratet werden.
Ein Schicksal, dem sich die afghanische Rapperin Sonita erfolgreich widersetzt hatte, deren dramatisches Geschichte dank des Dokumentarfilms «Sonita» um die ganze Welt ging. (Im Stream bei Amazon Prime.)
Schicksal Steinigung
«Ich bin ein Scheusal!» Im französisch-schweizerischen Trickfilm «Les hirondelles de Kaboul» gesteht ein Lehrer seiner Liebsten, er habe im Afghanistan der späten 1990er-Jahre eine junge Frau gesteinigt. Damit sei er für einen Augenblick Teil eines mörderischen Systems geworden, das er im Grunde verachte.
Zu den Rechten der Frauen befragt, meinte ein Sprecher der Taliban am vergangenen Sonntag vielsagend: Man werde die Rechte von Frauen und Minderheiten sowie die Meinungsfreiheit respektieren, «wenn sie der Scharia entsprechen.» (Ab 31.8. auf srf.ch/play für 7 Tage oder auf DVD erhältlich.)
Hass auf Homosexuelle
Als die Realität die Fiktion einzuholen drohte: Ende 2004, kurz vor der Weltpremiere der Bestseller-Verfilmung «The Kite Runner», musste man die beiden minderjährigen afghanischen Hauptdarsteller ausserhalb ihrer Heimat in Sicherheit bringen.
Hintergrund der Rettungsaktion: Die Schauspieler mussten mit Gewalt von Seiten der Taliban rechnen. In Marc Forsters Bestseller-Verfilmung, sie erzählt von einer Kindheit im Kabul der 1970er-Jahre, ist ein in Afghanistan tabuisierter homosexueller Übergriff zu sehen. (Im Stream bei Amazon Prime.)
Kampf gegen Kulturgüter
Die Sprengung war ein Schock: 2001 zerstörten die Taliban die berühmten Buddha-Statuen im Bamyian-Tal. Sie waren nicht nur UNO-Weltkulturerbe – sie standen auch für das früher friedliche Nebeneinander verschiedener Ethnien und Religionen.
Der Oscar-nominierte Schweizer Dokumentarfilmer Christian Frei («War Photographer») zeigt in «The Giant Buddhas»: Hinter der Tat der Taliban steht die Vorstellung, dass alle Zeugnisse nicht-muslimischer Glaubensgemeinschaften zerstört gehören. (Im Stream bei Amazon und anderen Anbietern.)
Auf Wiedersehen, Westen
Burkas und Bärte: Das sind die alten Afghanistan-Bilder, die gerade wieder in vielen Köpfen aufpoppen. Die US-amerikanische Fotografin Sandra Calligaro hat erst vor wenigen Jahren ein Land bereist, in dem noch islamische Tradition auf westlichen Lifestyle treffen konnten.
Calligaro futterte Fast Food in einer Art McDonalds, blätterte in Diät-Ratgebern und stiess in DVD-Shops auf Filme des Titels: «The Science of Sex Appeal». Zur Stunde weiss kein Mensch, ob so etwas je wieder möglich sein wird. (Sandra Calligaros Bilder sind in Buchform erschienen.)