Die Klassiker stehen an jeder Krippe und tauchen als erste Tiere in Weihnachtsdarstellungen auf – die älteste in Stein gemeisselt auf einem christlichen Sarkophag aus dem 3. Jahrhundert.
Die Ursprünglichen
Ochs und Esel: Sie sind zwar biblische Tiere, aber in der Originalweihnachtsgeschichte spielen sie keine Rolle. Dort ist noch nicht einmal von einem Stall die Rede, nur von einer Futterkrippe. Der Ochs steht traditionell links davon, der Esel rechts. Nach traditionellem christlichem Verständnis repräsentiert der Esel an der Krippe die Heiden, der Ochse die Juden.
Sie sind durchaus polemisch zu verstehen: Polemisch gegen das Volk, das seinen Herrn – also Jesus – nicht erkennt. Bildlich zitiert wird ein Satz aus Jesaja 1,3: «Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe des Herrn. Israel hat nichts erkannt. Uneinsichtig ist mein Volk.» Mit diesem uneinsichtigen Volk war das Judentum gemeint, das Jesus nicht als Messias versteht.
Ochs und Esel sind darum nicht einfach niedlich, auch wenn die evangelische Kirche in Deutschland (EKD) entwarnend schreibt: «Das Verständnis derart vielschichtiger Deutungsansätze ist inzwischen klar hinter den oberflächlichen Bezug der Tiere zu Stall und Krippe zurückgetreten.» Sprich: Den antijüdischen Zusammenhang begreife heute eh kaum jemand mehr.
Schaf: Die Hirten konnten ihre Tiere nicht zurücklassen, als sie von den Engeln die frohe Kunde erhielten. Da Jesus selbst oft als guter Hirte dargestellt wird, stehen die Schafe an der Krippe auch für die ihm anvertrauten Gläubigen.
Lamm: Das reine Lamm war ein klassisches Opfertier. Jesus, der nach christlichem Verständnis für die Sünden der Menschen mit seinem Tod am Kreuz gebüsst hat, wurde deshalb selbst oft als «Lamm Gottes» dargestellt.
Die Reittiere
Sie gesellen sich eigentlich erst am 6. Januar, im Gefolge der drei Magier aus dem Morgenland, zur Heiligen Familie. In der Kirchen-Kunstgeschichte wurden aus den drei «Sterndeutern aus dem Orient» drei prächtige Könige mit ebenso prächtigen Reittieren.
Kamel: Im Fall von Balthasar kam er auf einem Kamel geritten. Diese gehörten schon damals zu den domestizierten Tieren. Als «Wüstenschiffe» dienten Kamele und Dromedare dem Transport und Verkehr.
Pferd: Melchior, der europäische König, ritt auf einem Pferd.
Elefant: Und es gibt tatsächlich auch den Weihnachtselefanten – das Reittier von Kaspar, dem Vertreter Afrikas. Erstmals nachgewiesen wurde der Elefant in Weihnachtsbildern etwa aus dem Jahr 500. Er bringt definitiv die gewünschte Exotik, Pracht und Internationalität in die Krippenszene. Gleichwohl sind Elefanten auf Krippenbildern eher selten.
Blick in die Kirchen-Kunstgeschichte
In den Evangelien suchen wir all diese Tiere vergeblich. In den knappen neutestamentlichen Versen zu Jesu Geburt treten ausser «den Herden» überhaupt keine Tiere auf – nicht mal ein Ochs oder Esel.
Die Krippentiere entspringen allesamt späteren Nacherzählungen und Deutungen. Die meisten tierischen Gäste an Jesu Krippe verdanken sich der Kunstgeschichte. Künstler konnten sich bei den Tierdarstellungen rund um die Krippe so richtig austoben. Der theologische Symbolgehalt der Krippenzoos trat immer mehr in den Hintergrund.
«Die Tiermalerei hat ihren Höhepunkt im späten 15. und in weiten Teilen des 16. Jahrhunderts», sagt Axel Gampp, Kunsthistoriker in Basel. Neben Elefant und Kamel kamen im Gefolge der Heiligen Drei Könige weitere exotische Tiere: Papageien, Affen und gelegentlich sogar Wildkatzen, sodass um die Krippe herum eine bunte Menagerie entstand.
Das Miauen und Krächzen
Katze: Es ist nicht gesichert, ob ein Büsi im Stall zugegen war. Das tut der volkstümlichen Ausdeutung der Katze aber keinen Abbruch. Die Weihnachtskatz ist eine mittelalterliche Erfindung. Die Katze galt als Schnellgebärerin, die unter wenig Schmerzen komplikationslos ihre Jungen zur Welt bringt.
Solch eine rasche und schmerzarme Geburt soll Maria mit Jesu auch gehabt haben, besagt eine Volkstradition. Auf manchen Gemälden vertreibt die Katze auch Ratten vom Lagerplatz des Jesuskinds. Das soll den Sieg des Guten über das Böse abbilden. In der ganzen Bibel hingegen kommt die liebe Katze kein einziges Mal vor.
Papagei: Die exotischen Vögel waren ein gern gemaltes Motiv im Paradiesgarten mit Maria drin. Ihr Gefieder galt als Sinnbild für heilige Reinheit. Das Krächzen wird nun auf Maria bezogen: «Ave, Ave» würden sie rufen und Maria damit grüssen.
Die Disziplin ist zurück
Der Tiermalerei rund um die Krippe Jesu wurden erst in der frühen Neuzeit Grenzen gesetzt. Reformation und römisch-katholische Gegenreformation sorgten für mehr Bibeltreue – und dementsprechend wieder Disziplin im Stall. Die Ausweitung der Geburtsmenagerie bei Jesus wurde gewissermassen wieder zurückgestutzt. Auch theologisch.
«Im Rahmen der Gegenreformation wird in diversen Bilderedikten, die in den Diözesen erlassen werden, etwa vom heiligen Karl Borromäus, expressis verbis gefordert: Es dürften nicht alle Tiere in Bildern vorkommen, vor allem etwa keine Hunde», sagt Kunsthistoriker Axel Gampp.
Hund: Das älteste Haustier des Menschen war laut verschiedener Darstellungen auch bei der Krippe zugegen. Ob das Symbol der Wachsamkeit mit den Hirten mitreiste, ist nicht überliefert. Jedenfalls war der Hund auf einmal nicht mehr gern gesehen auf Krippenbildern.
Was hatte Borromäus gegen Hunde? Der Kunsthistoriker hat eine Erklärung mit Baselbieter Beispiel. «In dem sehr schönen Weihnachtsbild in der Heilig-Kreuz-Kirche in Binningen ist im Vordergrund ein eleganter Windhund mit gekreuzten Vorderpfoten zu sehen, der sicher zunächst ein Symbol des kultivierten Herrschers ist. Also der Jagdhund, der zur Jagd und damit zur herrscherlichen Freizeitbelustigung gehört», so Axel Gampp.
Der elegante Jagdhund als höfisch aristokratisches Symbol passt nicht in die demonstrative Armut der Krippe. «Gewisse Themen wurden zu überladen mit additiven Elementen und vor allem narrativen Elementen, die am Schluss vom eigentlichen Bildinhalt zu sehr ablenkten», erklärt Gampp.
Die Neusten
Dreidimensionalen Krippen und Krippenlandschaften sind bis heute grosse Publikumsmagnete – das Landesmuseum in Zürich zeigt sie etwa jedes Jahr.
Berühmt sind die neapolitanischen Krippenlandschaften. Sie geben Zeugnis vom Alltagsleben der Menschen in Italien von vor rund 100 Jahren. So zeigen die volkstümlichen Krippen immer auch die Tiere, die in der Umwelt ihrer Menschen vorkommen.
Die Fabulierlust sei in den süditalienischen oder sogar südamerikanischen Krippen bedeutend grösser als bei uns im Norden, so Axel Gampp. Aber man findet sie auch hier, etwa in der Kathedrale von Strassburg mit ihrer immensen Krippe.
In den letzten 100 Jahren haben Krippentiere erneut Zuwachs bekommen. Das gänzlich unbiblische Personal ist hingegen eher der modernen Lebens- und Markenwelt geschuldet.
Rentier: Eine historische Erklärung für das Rentier wird im Export der Weihnachtsgeschichte nach Skandinavien gesehen. Für den galoppierenden Erfolg der Rentiere ist wohl aber der weltgrösste Limonadenhersteller mit weissem Schriftzug auf rotem Grund verantwortlich.