Unter dem Titel «Viel erreicht – und noch viel vor» wirft das Archiv der Schweizerischen Frauenbewegung auf einer Microsite Schlaglichter auf Erfolge von Frauenorganisationen in der Schweiz.
Einzelne Heldinnen kämen nicht vor, so Co-Direktorin Lina Gafner: «Die Geschichte zeigt, dass Frauen in der Schweiz vor allem dann etwas erreichten, wenn sie sich zusammengeschlossen haben.»
Durchhalten bis zum Durchbruch
Trotz zahlreicher Zusammenschlüsse kämpften die Frauen in der Schweiz für viele Anliegen Jahrzehnte, für manche ein Jahrhundert lang: Der Schweizerische Arbeiterinnenverband etwa forderte bereits bei seiner Gründung 1890 einen Versicherungsschutz bei Mutterschaft. Es brauchte 20 Anläufe auf Bundesebene, ehe 2005 eine Mutterschaftsversicherung in Kraft trat.
Der Bund Schweizerischer Frauenvereine setzte sich ab 1900 für das Frauenstimmrecht ein. Erst 1971 wurde dieses Ziel erreicht: ein Meilenstein. Mit dem Einzug der ersten Frauen ins Parlament gelang es endlich, überfällige Anliegen der Frauen durchzusetzen – den Verfassungsartikel zur Gleichstellung 1981 oder das neue Eherecht 1988.
Frauen mussten nun nicht mehr das Einverständnis des Ehemanns einholen, wenn sie erwerbstätig sein oder ein Bankkonto eröffnen wollten. Ein weiterer Erfolg gelang der ersten Generation der Parlamentarierinnen mit der zehnten AHV-Revision: Erstmals wurde die Kinderbetreuung bei den Altersrenten einbezogen.
An den Männerklubs vorbei
Nicht nur die rechtliche und wirtschaftliche Besserstellung von Frauen in der Schweiz brauchte Ausdauer, auch sonst mussten sie sich einiges einfallen lassen: Alpinistinnen gründeten schon 1918 einen eigenen Club, weil die im Schweizer Alpenclub verbündeten Männer keine Gipfel stürmenden Frauen zuliessen. Mit «Amicitia» taten sich bereits 1931 frauenliebende Frauen zusammen, rund zehn Jahre bevor Homosexualität legalisiert wurde.
Trotzdem liefen die Frauen immer wieder auf – bis in die Gegenwart und sogar im Freizeitbereich. «Als 1980 das erste Schwingfest für Frauen stattfand, war die Organisatorin mit vielen Drohungen konfrontiert», erzählt Lina Gafner. «Ihr wurde etwa mitgeteilt, dass im Sägemehl Rasierklingen versteckt seien. Das ist sehr erschütternd – und noch nicht allzu lange her.»
Öffentliche Protestaktionen
Neben den traditionellen bürgerlichen und sozialdemokratischen Frauenorganisationen traten nach 1968 neue Gruppierungen auf, die sich zu einer «Frauenbefreiungsbewegung» zusammenschlossen. Sie riefen 1977 die «Organisation für die Sache der Frau» ins Leben und forderten auf der Strasse einen straffreien Schwangerschaftsabbruch.
Historikerin Lina Gafner berichtet, dass sie sich für das Recht auf Abtreibung einsetzten, «indem sie öffentlichkeitswirksam in VW-Bussen vorfuhren und Frauen einsteigen liessen, die vorhatten, zur Abtreibung ins Ausland zu fahren.»
Gemeinsam stark
Lina Hafner ist überzeugt, dass hartnäckige Allianzen noch heute eine wirksame Strategie ausmachen. Als neusten Erfolg wertet sie die Revision des Sexualstrafrechts: «Diese wurde möglich aufgrund des öffentlichen Drucks, der einherging mit der Zusammenarbeit zwischen Expertinnen mit Politikerinnen aus allen Lagern.»
Doch ob die alten Strategien ausreichen, um die Lebensverhältnisse von Frauen in der Schweiz zu verbessern, dürfte auch ein Thema am diesjährigen Frauenstreiktag sein.