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Geschichte der Handtasche Wie aus einem schlichten Beutel die glamouröse It-Bag wurde

Eine Ausstellung mit Taschen aus verschiedenen Jahrhunderten zeigt: Die Handtasche verrät viel über unsere Gesellschaft.

Der schlichte Lederbeutel in der Vitrine ist 3000 Jahre alt. Er stammt aus Ägypten und ist das älteste Ausstellungsstück, das in der Ausstellung «Immer dabei: Die Tasche» im Deutschen Ledermuseum in Offenbach am Main zu sehen ist. Direktorin Inez Florschütz hat die Taschen-Ausstellung kuratiert. Eines, sagt sie, stehe fest: «Der Mensch hat seit Urzeiten Tragebehältnisse verwendet.»

Schon in der Antike entstehen erste Beutel. Elaborierte Taschen fertigen die Menschen aber erst seit dem Mittelalter. Getragen werden sie von Frauen und Männern gleichermassen. Die Form erinnert zwar immer noch an einen Beutel, ist aber deutlich ausgefeilter. Viele dieser Taschen haben oben einen Metallbügel mit einer kleinen Öse. Männer können die Beutel so an ihren Gürteln befestigen. Frauen lassen sie eher von einem Band an der Taille baumeln.

Solche Taschen können sich damals nur Adelige, der Klerus oder Angehörige des Bürgertums leisten. Schon im Mittelalter sind Taschen also Statussymbole. Durch diese Mode entstand auch der Begriff «Beutelschneider», erklärt Kuratorin Inez Florschütz: «Wenn jemand zum Beispiel auf einem Markt im Gedränge unterwegs war, konnten Diebe die Beutel leicht vom Band abschneiden.»

Was passt alles rein?

Museumsdirektorin Inez Florschütz hat für die Ausstellung auch ein paar besonders exzentrische Modelle ausgewählt, die aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammen: eine Unterarmtasche in Form eines Flugzeugs, eine mit geheimem Schmuckkästchen, und eine Art tragbares Schminkköfferchen aus den 1950er-Jahren mit integriertem Lippenstifthalter, Spiegel und Puderdöschen. Ansonsten passt nichts hinein.

Das sei bezeichnend für die patriarchale Gesellschaft der 1950er-Jahre, findet Florschütz. Weil Frauen damals so abhängig von Männern waren, ist in ihren Taschen nicht einmal Platz für einen Schlüssel oder eigenes Geld.

Ab den 1960er-Jahren, als immer mehr Frauen einer Erwerbsarbeit nachgehen, werden die Taschen grösser. Die Kuratorin ist deshalb überzeugt, «dass die Entwicklung der Damen-Handtasche auf die Emanzipation der Frau reagiert». Was wohl der Siegeszug der Designertaschen über die Emanzipation der Frau aussagt?

Die erste It-Bag

Ab Ende der 1990er-Jahre werden Taschen hip, auf denen grosse Labels prangen: Gucci, Prada, Louis Vuitton oder Chanel verlangen exorbitant hohe Preise für ihre Taschen.

Das erste dermassen gefeierte Modell stammt vom italienischen Modehaus Fendi. Grund für den Hype um die Tasche ist die Fernsehserie «Sex and the City», in der Hauptdarstellerin Sarah Jessica Parker immer wieder mit ihrer Fendi Baguette zu sehen ist. «Das war die erste It-Bag», sagt Inez Florschütz.

Seit ein paar Jahren schmücken sich übrigens auch gut betuchte Männer mit solchen Statussymbolen. Wer die wunderschöne Ausstellung zur Kulturgeschichte der Tasche gesehen hat, weiss: Dass Männer Taschen tragen, ist kein neuer Trend – sondern nur einer, der lange in Vergessenheit geraten ist.

Ausstellungshinweis

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Die Ausstellung «Immer dabei: Die Tasche» im Deutschen Ledermuseum in Offenbach am Main zeigt 200 Taschen aus drei Jahrtausenden – vom altägyptischen Lederbeutel über mittelalterliche Gürteltaschen, erste Reisetaschen aus dem 19. Jahrhundert bis hin zu Designerbags von heute. Die Schau läuft bis zum 10. August.

Radio SRF 2 Kultur, Kontext Künste im Gespräch, 13.2.2025, 9:03 Uhr

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