Dominik Flammer ist viel unterwegs. Während der Hälfte des Jahres befindet sich der Ostschweizer auf Entdeckungstour. Als sogenannter Food-Scout reist er durch die Schweiz und das umliegende Ausland, um neue kulinarische Köstlichkeiten aufzuspüren.
Nicht wie der Weinseminar-Guru
Zu Flammers Kunden gehört etwa die Bauern-Vereinigung Hochstamm-Seetal im Kanton Luzern. Sie hat ihm den Auftrag erteilt, die Produktepalette zu überprüfen und weiterzuentwickeln.
Flammer ist kein Experte, der auftrumpfen will, indem er sein Urteil mit Fachbegriffen aus der Sensorik spickt. Vielmehr wählt er einfache Worte: «Ich habe schon Weinseminare erlebt, da sitzt der Guru vorne, erzählt, und hinten sitzen die Leute, nicken und sind eingeschüchtert». Das möchte er bei seiner Arbeit vermeiden. Deshalb bemängelt er an einer Fruchtschorle der Bauern bloss lapidar, dass sie nach «Gummibärchen» rieche, statt komplizierte Sprachbilder zu bemühen.
Einheitsbrei beim Fleisch
Der einstige Wirtschaftsjournalist hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Sein Ansporn sei es, den Geschmack seiner Kindheit wieder zu entdecken. Diese Erinnerungen würden «von keiner Halbwertszeit geschluckt», während er beispielsweise Bücher oder Filme schnell wieder vergesse.
Mit der Kindheit verbindet Flammer nicht zuletzt eine gewisse Individualität der Geschmacksempfindungen. Diese seien heutzutage teils verloren gegangen, da die Nahrungsmittelproduktion vielfach automatisiert und damit standardisiert verlaufe. Die Fleischindustrie etwa strebe danach, dass das Rindskotelett «immer denselben Reifegrad und dieselbe Grösse» habe und folglich stets gleich schmecke. Flammer dagegen schätzt Vielfalt. Er findet es geradezu dramatisch, wenn man ein Schnitzel esse und am Geschmack nicht erkennen könne, ob das Fleisch vom Schwein, Kalb oder Huhn stamme.
Spezialität aus dem Abfall
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Deshalb beeindrucken ihn Produzenten, die bewusst eine gegenteilige Richtung einschlagen. Dazu gehört Patrick Marxer – in mehrfacher Hinsicht. Der Fleisch- und Fisch-Spezialist im Zürcherischen Wetzikon verarbeitet nicht nur das ganze Tier, sondern auch Sorten, die andernorts im Abfall oder, bestenfalls, als Tierfutter enden würden – unter anderem den Schwal, einen Karpfenfisch. Und er konzentriert sich auf alte Tiere. Es sei wie beim Käse: «Eine Kuh wird auch erst gut, wenn sie reif ist», betont Flammer.
Zubereitung wie vor 40 Jahren
Entsprechend markant im Geschmack sind Patrick Marxers Produkte, zumal er sie in der Regel noch räuchert. Flammer fühlt sich in seine Kindheit zurückversetzt: Vor 40 Jahren hätten gewisse Metzger das Fleisch noch in vergleichbarer Weise zubereitet.
Wer überzeugter Vegetarier ist, wird allerdings auch nach dem Besuch in Wetzikon kein Fleisch essen. Als Nächstes führt die Entdeckungstour mit dem Food-Scout zu einem Käser, der mit Büffelmilch experimentiert. Das zeigt: Die Welt des Geschmacks bei lokalen Produzenten kann hierzulande sehr facettenreich sein.