Im Irak vertreiben die IS-Extremisten eine wenig bekannte Religionsgemeinschaft: die Jesiden. Karl-May-Leser kennen den Namen vielleicht noch. In seinem Buch «Durchs wilde Kurdistan» werden sie verfolgt. Ihnen wurde vorgeworfen, Teufelsanbeter zu sein.
Teufelsanbeter sind die Jesiden nicht. Sie glauben an einen Gott. Der Vorwurf, dass die Jesiden den Teufel anbeten, ist oft Propaganda von andersgläubigen Extremisten.
Ein Pfauenengel regiert das Universum
Allerdings gibt es solche Anschuldigungen schon lange. Sie rühren wohl daher, dass die Jesiden einen Engel verehren, der als Pfau dargestellt wird. Dieser Pfau wird manchmal als gefallener Engel bezeichnet.
Zusammen mit sechs weiteren Engeln regiert der Pfauenengel das Universum. Die Engel unterstehen aber Gott. Diese Engel sind dem Jesidentum eigen.
Andere Traditionen sind aber anderen Religionen entlehnt. So kennen die Jesiden die Knabenbeschneidung, wie auch die Muslime, taufen ihre Kinder aber ähnlich der christlichen Tradition.
Zum Jesidentum kann man nicht konvertieren
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Gleichzeitig richten sie sich beim Gebet nach der Sonne, wahrscheinlich nach zoroastrischem Vorbild. Der Zoroastrismus ist eine monotheistische Religion, die zwischen 1800-600 v. Chr. im heutigen Iran und Afghanistan entstanden ist.
Weiter glauben die Jesiden an die Seelenwanderung: Die guten Seelen kommen als Menschen auf die Erde zurück, die schlechten als Tiere. Diese Glaubensinhalte und Traditionen werden vor allem mündlich weitergegeben, durch Gedichte und Hymnen.
Allerdings sind diese Inhalte geheim. Nicht-Jesiden können nicht in die Religion eingeweiht werden, man kann auch nicht dazu konvertieren. Zudem ist es verboten, ausserhalb der Gemeinschaft zu heiraten.
Zweifache Minderheit
Gerade weil die Jesiden eine eher geschlossene Gemeinschaft sind, sind nicht alle Informationen ganz eindeutig. Manche Quellen geben an, dass die Jesiden gar keinen Teufel kennen, andere sprechen sehr wohl von einem Teufel.
Was feststeht: Alle Jesiden sind Kurden und sprechen die kurdische Sprache. Die meisten leben im Nordirak. In Syrien und in der Türkei gab es früher viele Jesiden, jedoch sind die meisten ausgewandert oder geflüchtet.
Die Jesiden haben oft einen schweren Stand. Denn sie sind in zweifacher Hinsicht eine Minderheit, als Kurden in den jeweiligen Ländern, aber auch innerhalb der mehrheitlich muslimischen kurdischen Gemeinschaft.
Die kleine Gemeinschaft kämpft aber nicht nur wegen der Verfolgung durch muslimische IS-Extremisten um ihr Überleben. Auch die Jesiden werden von der Moderne eingeholt. Viele beklagen sich, die junge Generation würde sich nicht mehr für die uralten Gedichte und Hymnen interessieren. Sie hätten einfach keine Zeit mehr dafür.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 5.8.2014, 17:10 Uhr.