«Das Alter – die demografische Entwicklung – ist ein Megathema», sagt der bekannte Altersforscher und Soziologieprofessor François Höpflinger. Darum erstaunt es ihn nicht, dass die Alten und Hochbetagten den Film erobern.
Filme stellen existenzielle Fragen
Dies geschieht nicht nur in Form von Komödien wie «Die Herbstzeitlosen», in dem alte Frauen sich aufführen dürfen wie Teenager. Regisseure entdecken das dramatische und abgründige Potenzial des Alters.
«Amour», «Vergiss mein nicht», oder «Von heute auf morgen» – alle diese Filme erhalten Auszeichnungen oder stossen zumindest auf ein grosses Interesse. Es sind Filme, die existenzielle Fragen aufwerfen: Es geht um Verluste, Abschiede, Liebe, Vergänglichkeit, Ängste.
Heikle Themen im Rampenlicht
Sendungen zum Thema
- Kinokritik zu «Vergiss mein nicht» (Boxoffice, 30.1.2013) Kinokritik zu «Vergiss mein nicht» (Boxoffice, 30.1.2013)
- «Amour» von Michael Haneke (Reflexe, 4.10.2012) «Amour» von Michael Haneke (Reflexe, 4.10.2012)
- Filmkritik zu «Amour» (Boxoffice, 3.10.2012) Filmkritik zu «Amour» (Boxoffice, 3.10.2012)
- «Was bleibt» von Hans-Christian Schmid (Reflexe, 26.9.2012) «Was bleibt» von Hans-Christian Schmid (Reflexe, 26.9.2012)
Das begrüsst den Altersforscher Höpflinger: Filme seien ein gutes Mittel, um verdrängte oder heikle Themen ins Rampenlicht zu holen. Als Beispiele erwähnt der Alterforscher Michael Hanekes erschütternden Film «Amour», in dem ein Mann seine pflegebedürftige Frau umsorgt und aus Liebe tötet. Oder den Dokumentarfilm «Von heute auf morgen», in dem der Filmemacher Frank Matter vier betagte Menschen porträtiert, die sich mit Witz und Sturheit gegen den Umzug ins Altersheim wehren.
Das Alter sei ein höchst ergiebiger Stoff für Filme, findet der Altersforscher François Höpflinger. Denn gerade im Alter rücke die Schicksalshaftigkeit des Lebens stärker in den Vordergrund – etwa durch Alzheimer. Das Alter sei etwas, was alle Gesellschaften betrifft, «aber wir sind die erste Gesellschaft, in der viele Menschen überhaupt so alt werden können.»
Filme zeigen die Buntheit des Alters
Höpflinger beobachtet, dass unsere Wohlstandsgesellschaft das Schicksal ins hohe Alter verlegt hat. «Wir haben in der Schweiz zum Teil eine paradoxe Situation: Viele Leute haben 80 Jahre lang so gut gelebt, dass sie mit den plötzlichen schicksalshaften Veränderungen des hohen Alters nicht mehr zurechtkommen.»
Die aktuellen Filme zeigen dabei auf, was mit rein statistischen Daten nicht sichtbar wird, sagt Höpflinger: «Die Persönlichkeit und die Vergangenheit alter Menschen – das Alter selbst ist nur eine Dimension von vielen. Durch die Filme wird die Buntheit des Alters auch auf emotionaler Ebene sichtbar.»