Vor knapp 20 Jahren investierten Menschen in der Schweiz noch um die 5 Milliarden Franken in nachhaltige Geldanlagen. Mittlerweile sind es über 100-mal mehr. Anfangs 2023 waren es rund 694 Milliarden, und damit über die Hälfte aller Anlageprodukte in der Schweiz mit einem Nachhaltigkeitsbezug.
Wie nachhaltig jedoch eine Geldanlage ist, kann unterschiedlich sein. Bislang fehlt ein einheitlicher und auch ein international vergleichbarer Standard.
Was will ich mit meinem Geld?
Warum aber sind nachhaltige Investments so beliebt? In der Forschung unterscheidet man zwischen drei Gründen, weiss Julian Kölbel, Assistenzprofessor für Nachhaltige Finanzwirtschaft an der Universität St. Gallen: «Man möchte etwas bewirken oder seine eigenen Werte abbilden.» Letzteres sei typischerweise negativ formuliert. Man will also nicht in bestimmte Branchen wie Glücksspiel, Alkoholproduktion oder Waffenproduktion investieren.
Eine weitere Motivation sei finanzieller Art: dass man aufgrund des Klimawandels sein Risiko klein halten möchte. Beispielsweise steigt man schon heute aus Investments rund um fossile Brennstoffe aus und investiert dafür in erneuerbare Energien.
Was für Geld investiere ich?
Gemäss einer Studie der Uni Zürich wollen mehr Menschen ihre Werte abbilden und ein gutes Gewissen haben, statt die Umwelt tatsächlich entlasten. Wenn jedoch die Wirkung im Vordergrund stehe, lohne es sich, in kleine Unternehmen zu investieren.
«Wenn ein Schweizer Grossunternehmen Kapital braucht, hat es keine Probleme, dieses zu kommen», erklärt Julian Kölbel, «Start-ups hingegen haben oft grosse Probleme an Kapital zu kommen.»
Darum mache bei kleinen Unternehmen das investierte Geld den grösseren Unterschied und erziele mehr Impact. «Man hat aber auch das grössere Risiko», betont Kölbel. «Also muss man sich gut überlegen, ob man es verkraften kann, wenn das Geld am Ende vielleicht weg ist.»
Weg, weil sich das Unternehmen vielleicht doch nicht so gut auf dem Markt behaupten kann, wie erhofft. Bei nachhaltigen Investments lohnt es sich also auch zu überlegen, was für Geld investiert und welches Risiko möglicherweise in Kauf genommen wird – ist es der Notgroschen für die Altersvorsorge, das Ersparte oder Geerbtes, das übrig ist und investiert wird.
«Einen wichtigen Beitrag leisten»
Julian Kölbel rät, wie bei herkömmlichen Anlagen, das Geld in verschiedene Unternehmungen zu investieren. «Wenn man etwas verändern will, kann man einen Teil seines Vermögens in ein kleines Projekt investieren, das wirklich einen sinnvollen Beitrag für die Umwelt leistet. Den anderen Teil legt man einigermassen sicher an, sodass ich nicht gleich am Hungertuch nage, sollte es mit dem nachhaltigen Investment nicht klappen.»
Eine Wirkung könne vor allem dann erzielt werden, wenn möglichst viele Menschen nachhaltig Geld anlegen. Man dürfe es aber auch nicht überbewerten, differenziert Kölbel: «Um grosse Probleme wie den Klimawandel zu lösen, ist es letztlich ein grosses Zusammenspiel von Politik, Kapital, Technologie, Innovation und so weiter. Aber ich denke, nachhaltig Anlegen kann einen wichtigen Beitrag leisten.»