Weissmehl, Zucker, Salz und Schweineschmalz: Mit Rationen dieser Lebensmittel versorgte die amerikanische Regierung die Indianerstämme, nachdem sie sie aus ihren angestammten Gebieten vertrieben und in Reservate gepfercht hatten. Es sind auch die Zutaten von «Frybread».
Dieses «Frittierbrot» wird auf pseudo-indianischen Menüs als typisch indianisches Gericht angepriesen. Andere nennen es «Die Bread», «Sterbebrot». Für sie symbolisiert der fettige Teiglappen auf dem Teller, was europäischen Eroberer den Ureinwohnern Amerikas angetan haben.
Nahrungsbeschaffung als Ritual
Eine wachsende Zahl indigener Aktivistinnen und Aktivisten machen in den USA kulinarisch mobil. Sie haben erkannt, welche zentrale Rolle das Essen in ihrer Kultur einst spielte. Beim Jagen und Fischen, beim Anbau traditioneller Nutzpflanzen wie Wildreis, Bohnen oder Kürbissen ging es den Indigenen nie nur ums Sattwerden.
Das Beschaffen und Verarbeiten von Nahrung hatte stets rituellen Charakter. Und diese Rituale sicherten den sozialen Zusammenhalt der Gemeinschaften. Indem die Kolonisatoren die indigenen Völker ihrer natürlichen Ressourcen beraubten, zerstörten sie also auch das soziale Gefüge dieser Völker.
Aktivistinnen, die an ihr Erbe anknüpfen
Heute zählen Indigene zu den ärmsten und kränksten Amerikanern überhaupt. In den Reservaten herrschen Alkoholismus und Drogensucht. Diabetes und Herzerkrankungen sind dort häufiger als irgendwo sonst in den Vereinigten Staaten.
Dagegen kämpfen Aktivisten wie Sam Gensaw. Gensaw ist ein Mitglied der Yurok und einer der Porträtierten im Dokumentarfilm «Gather» von Sanjay Rawal. Der Film folgt vier Indigenen, die auf ganz unterschiedliche Art an ihr kulinarisches Erbe anknüpfen.
Fischerei, Pflanzenkunde, Sprachunterricht
Sam Gensaw versucht, die Lachsfischerei seines Volkes und die damit verbundenen Bräuche wiederzubeleben. Nephi Craig wiederum, ein Mitglied der White Mountain Apachen, ist eine Köchin, die in ihrem Restaurant nur Produkte verwendet, die der ursprünglichen Ernährung ihres Stammes entsprechen.
Twila Cassadore geht einen Schritt weiter. Sie macht die Pflanzenkunde, in die sie Teenager der San Carlos Apachen einführt, zugleich zum Sprachunterricht. Denn die Kolonisatoren brachten amerikanischen Ureinwohner nicht nur um ihr Land und ihre Gesundheit. Sie brachten sie auch um ihre Sprachen – und damit um ihre Erinnerung.
Kinder wurden in den Reservaten in staatliche Schulen gesteckt, wo nur Englisch geduldet war. So verschwanden nach und nach die Namen der Samen und Nüsse, der Kräuter und Beeren, zu denen die Indigenen keinen Zugang mehr hatten.
Eine Zukunft für ihre Kultur
Twila Cassadore benennt diese Früchte der Natur wieder und eröffnet damit einer neuen Generation den Zugang zur Geschichte und zu den Geschichten, die diese Sprache birgt. Sie bewahrt auch die Sprache an sich vor dem Aussterben.
Die indigenen Food-Aktivistinnen und Aktivisten sind weder romantisch noch nostalgisch veranlagt. Sie wollen nicht zurück in eine vermeintlich bessere Vergangenheit. Sie wollen vielmehr eine Zukunft für ihre Kultur – und das Essen mit allem, was damit zusammenhängt, ist ein zentraler Teil davon. «Frybread» gehört nicht dazu.