Der Bundesrat reagierte rasch auf den Hilferuf aus der Kulturbranche: Nach der Anhörung verschiedener Kulturverbände erarbeitete das Bundesamt für Kultur zusammen mit Pro Helvetia Hilfsmassnahmen.
Die Kulturbranche bekommt 280 Millionen Franken, ergänzend zu den gesamtwirtschaftlichen Massnahmen von 42 Milliarden Franken.
Soforthilfen und Ausfallentschädigungen
Dieses Paket beinhalte Soforthilfen für nicht gewinnorientierte Kulturunternehmen und Kulturschaffende, erklärt BAK-Direktorin Isabelle Chassot. Zudem sehe es Ausfallentschädigungen für Kulturschaffende und für Kulturunternehmen vor, auch für solche, die gewinnorientiert arbeiten.
Die Summe von 280 Millionen Franken sei nach Gesprächen mit verschiedenen Kulturverbänden und Institutionen hochgerechnet worden, sagt Pro Helvetia-Chef Philippe Bischof: «Das ist ein sehr starkes Paket, mit dem man jetzt die schlimmsten Notstände aufheben kann.»
Ein wichtiger Schritt, sagt Rosmarie Quadranti, Verbandspräsidentin des Vereins Cultura, dem Dachverband aller Kulturschaffenden. «Diese 280 Millionen tragen zur Beruhigung bei. Aber es wird nicht reichen.»
Kultur besonders stark betroffen
Denn die Kultur gehört zu den Bereichen, die überdurchschnittlich stark von der Corona-Krise betroffen sind. Das zeigen aktuelle Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO.
Es fallen nicht nur Lesungen, Konzerte, Theater- und Opernaufführungen auf unbestimmte Zeit aus. Auch Proben sind aktuell nicht möglich. Das hat langfristige Folgen: Auf der Kippe stehen auch Veranstaltungen, die erst für den Zeitraum geplant sind, in dem die Corona-Krise hoffentlich überstanden ist. Hinzu kommt, dass Kulturschaffende oftmals unter prekären Bedingungen arbeiten. Viele haben keine Reserven in der Hinterhand.
Handlungsanweisungen werden benötigt
Grosse Verunsicherung herrsche nun bei der Frage, wie genau Kulturschaffende an die finanziellen Mittel kommen, sagt Rosmarie Quadranti. Es sei nicht klar, an wen man sich wenden müsse, um möglichst schnell an sein Geld zu kommen. «Eine klare Handlungsanweisung ist dringend nötig. Es bräuchte ein zentral aufgeschaltetes Merkblatt.»
Die Arbeit an der Klärung dieser Probleme laufe mit Hochdruck, sagt Philippe Bischof, doch wie so oft steckt der Teufel im Detail. Das Modell werde in diesen Tagen entwickelt, zusammen mit den Vergabeinstanzen. Das sind der Verein Suisse Culture Sociale, der für die Nothilfe an Kulturschaffende zuständig ist, dazu kommen die kantonalen Ebenen für alle anderen Massnahmen.
«Wir informieren in den nächsten Tagen so genau wie möglich und versuchen das so gut wie möglich zu koordinieren», sagt Philippe Bischof.
Schwer zu überblickende Lage
Das Bundesamt für Kultur sei sehr um Schnelligkeit und Klarheit bemüht, doch die Lage sei in der breit organisierten Kulturszene schwer zu überblicken, sagt Isabelle Chassot.
«Jeden Tag, fast jede Stunde, sind wir mit neuen Fragen konfrontiert. Wir wollen ganz sicher sein, dass wir den Kulturschaffenden nicht im Weg stehen.»
Soviel ist bereits klar: Um einen Papierkrieg kommen Kulturschaffende, die einen Antrag stellen wollen, nicht herum. «Sie müssen zuerst Arbeitslosenentschädigung oder Ergänzungsleistungen für unabhängige Kulturschaffende beantragen», sagt Isabelle Chassot: «Wir sind jetzt dabei, die Richtlinien mit den Kantonen zu organisieren und hoffen, dass Ende nächster Woche die Anträge an die Kantone gestellt werden können.»
Bei allen Bemühungen warnt Philippe Bischoff vor allzu hohen Erwartungen an unbürokratische Hilfe: Man dürfe nicht vergessen, dass die Kulturförderung – und in dem Sinne auch der Umgang mit der Notlage – in der Schweiz immer eine subsidiäre Angelegenheit sei.
Konkret heisst das: «Alle Betroffenen werden mehrere Ansprechpartner und -Orte haben. Sie müssen mit Städten und Stiftungen reden, selbst wenn wir bestmöglich koordinieren.»