Wie abschreckend wirken Triggerwarnungen wirklich? Im Rahmen einer Übersichtsstudie haben Forschende herausgefunden, dass Triggerwarnungen überhaupt keinen Abschreckungseffekt haben. Die Resultate der Studie zeigen, dass Triggerwarnungen sogar den gegenteiligen Effekt haben können. Sie wirken anziehend wie verbotene Früchte.
Schützen die Warnungen zumindest besonders Betroffene? Ausgerechnet bei besonders sensiblen Menschen machen Triggerwarnungen laut Studie keinen Sinn: und zwar bei jenen Menschen, die nicht einfach ein Unwohlsein empfinden, sondern unter Traumatisierungen leiden. Zum einen kann schon die Triggerwarnung als solche traumatische Erinnerungen hervorholen. Zum anderen werden gerade Menschen, die selber schon massive Gewalt erlebt haben, von diesen Warnungen oft nicht abgeschreckt, sondern im Gegenteil regelrecht angezogen.
Inwiefern ziehen die Triggerwarnungen Betroffene an? Manche Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung zeigen ein ausgeprägtes Risikoverhalten: Sie tun exzessiv Dinge, die sie gefährden. Bei ihnen können Filme, Bilder und Texte mit traumatisierenden Inhalten eine Sogwirkung entwickeln – erst recht, wenn diese mit einer Triggerwarnung gelabelt sind. Aber auch den traumatisierten Menschen, die kein Risiko suchen, bringen die Warnungen nichts. Menschen, die Schreckliches erlebt haben, scannen in der Regel ihre Umgebung ständig vorsorglich auf mögliche Reize oder Situationen, die traumatische Erinnerungen auslösen könnten.
Warum setzt man Triggerwarnungen ein, wenn sie nicht wirken? Befürworter dieser Warnungen hoffen, dass man Menschen so schützen kann: Betroffene würden entweder die Inhalte vermeiden oder zumindest darauf gefasst sein. Ein Trugschluss: Userinnen und User reagieren in beiden Fällen emotional – ob mit oder ohne Warnung. Auch dies zeigt die aktuelle Übersichtsstudie. Expertinnen wie die Kommunikationswissenschaftlerin Edda Humprecht von der Uni Jena sind daher gegen Triggerwarnungen: «Es ist nicht ratsam, Triggerwarnungen zu verwenden. Weil sie nicht abschrecken und weil allein schon die Warnung Betroffene im Sinn eines «backfire effect» an ihr Trauma erinnert.»
Sind Triggerlabels nur eine sinnlose Einschränkung? In der Öffentlichkeit ist man sich weniger einig. In der Diskussion um den Sinn von Warnungen geht es auch um Wokeness. Die Streitfrage lautet, ob die Warnlabels ein anmassendes Diktat woker Menschen sind oder ein Zeichen von Fürsorglichkeit gegenüber besonders vulnerablen Personen.
Werden Triggerwarnungen auch gezielt eingesetzt, um Publikum zu gewinnen? Entsprechende Studien gibt es bislang nicht. Die Themen, um die es geht – also Crime und Sex – ziehen sowieso immer. «Diese Themen werden eh bewusst ausgewählt und in den Social-Media Kanälen veröffentlicht«, so Edda Humprecht. »Da erregen sie Aufmerksamkeit – mit und ohne Triggerwarnung.» Wer auf diese Themen setzt, hat sein Publikum. Doch die Absender müssen ihre Motivation nicht offenlegen. Die Frage bleibt also offen, ob Triggerwarnungen bewusst instrumentalisiert werden, um einen Inhalt zusätzlich attraktiv zu machen. Ausserdem müssen Absender ihre Motivation nicht offenlegen. Es ist daher schwierig festzustellen, ob Triggerwarnungen bewusst instrumentalisiert werden.