Wenn wir Menschen in den Zoo gehen, sind wir für gewisse Tiere genauso interessant wie sie für uns. «Vor allem Menschenaffen beobachten uns genauso, wie wir sie beobachten», weiss Adrian Baumeyer.
Baumeyer ist einer von drei Kuratoren des Basler Zoos. Er ist unter anderem zuständig für Zebras, Schneeleoparden, Elefanten und Affen. Es sind die Menschenaffen, die seiner Beobachtung nach am meisten unter der Corona-Krise leiden.
Affen vermissen uns
Die Besucherinnen und Besucher fehlen ihnen, erklärt er: «Das hat damit zu tun, dass wir den Affen evolutiv sehr nahe sind. Sie können uns relativ einfach lesen, da wir eine ähnliche Mimik und Gestik haben. Sie beobachten, was im Besucherraum passiert, verstehen und verarbeiten es. Das ist ein wichtiger Teil ihres Zoo-Lebens, der momentan fehlt.»
Bei anderen Tieren hat man im Zoo Reaktionen festgestellt, die man sonst nur am Abend spät oder frühmorgens sehe, wenn keine Besucher im Zolli seien.
«Zebras zum Beispiel reagieren viel intensiver auf einzelne Personen», so Baumeyer. Normalerweise seien immer Leute da, die für sie zum Hintergrund gehörten. Wenn jetzt jemand vorbeilaufe, fixierten die Zebras die Person sofort. «Sie schauen, was passiert: Ist die Situation gefährlich? Gibt es Futter? Kommt ein Tierarzt mit dem Blasrohr?»
Für die Tierpfleger und Tierpflegerinnen habe sich nicht viel verändert. An gewissen Orten habe man Hygienemassnahmen eingeführt – wie die Desinfektion von Türklinken und Oberflächen.
Ansteckungsgefahr bei Tieren?
Und im Umgang mit den Tieren? «Wenn wir gewissen Tieren – wie etwa Menschenaffen – näher kommen als zwei Meter, tragen wir einen Mundschutz. Denn wir wissen nicht, ob das Virus für sie ansteckend ist», erklärt Baumeyer.
Können sich auch andere Tiere als möglicherweise die Menschenaffen anstecken? Tiere jenseits der Fledermäuse, von denen das Coronavirus nach neuesten Erkenntnissen nach ausgegangen ist?
Hier sei die Faktenlage noch zu dünn, sagt der Biologe und Basler Kurator: «Ein Tiger in der Bronx wurde positiv auf das Coronavirus getestet, er hatte respiratorische Symptome. Man vermutet also, dass das Coronavirus bei Katzen ein Problem sein könnte. Wir nähern uns vor allem den Grosskatzen nicht. Das ist kein grosses Problem: Wir sind Löwen nie näher als zwei Meter.» Eine Infektionsgefahr könne bestehen. Man wisse es aber nicht.
Schadet die Krise den Affen?
Zurück zu den Menschenaffen: Ihnen fehlt in der Corona-Krise sozusagen ihr tägliches Kulturprogramm. Offen ist, ob sie eine Party schmeissen werden, wenn sich die Tore zum Zoo für die Menschen wieder öffnen. Und ob es ihnen schadet, dass die Besucher fernbleiben.
Vielelicht werden wir das bald genauer wissen, erklärt Baumeyer: «Eine Mitarbeiterin macht in ihrer Freizeit ein kleines Forschungsprojekt. Sie beobachtet die Affen wissenschaftlich systematisch und wird sie weiter beobachten, wenn die Besucher wieder da sind.» Dann könne man schauen, so Baumeyer, wo die Unterschiede im Verhalten lägen.