Während die Neuigkeit der Messerattacke auf Autor Salman Rushdie letzte Woche um die Welt ging, gibt es einige andere Beispiele von Künstlern, die wegen einer Fatwa um ihr Leben bangen müssen, die in Vergessenheit gerieten.
So etwa Aryana Sayeed. Sie ist 1985 in Kabul geboren und floh 1993, bevor die Taliban erstmals die Macht übernahmen, als Kind mit ihrer Familie über Pakistan nach London. Nachdem die Taliban 2001 verdrängt waren, kehrte sie nach Afghanistan zurück und wurde als Sängerin zum Star.
Sängerinnen sind unanständige Frauen
«Aryana ist die Stimme von Freiheit, wenn es um Musik geht», sagt die afghanisch-kanadische Politologin Nahid Shahalimi, in deren Buch Aryana Sayeed zu Wort kommt. Musik sei für Frauen immer ein Tabu gewesen, auch vor der Machtübernahme der Taliban. «Afghanische Frauen werden als nicht anständig angesehen, wenn sie Musik machen», so Shahalimi.
So gelten Frauen, für jemanden, der religiöse Werte sehr streng auslegt, als «unanständig», wenn sie singen, die Haare offen tragen, glitzernde Kleider anhaben – und wenn sie Gehör finden.
Mullah verhängt Fatwa in Interview
Als die Taliban am 15. August 2021 in Afghanistan erneut siegten, vermochte Aryana Sayeed gerade noch zu fliehen. Sie ist seit Jahren mit einer Fatwa belegt, wie Nahid Shahalimi erklärt: «Ein Mullah gab ein Interview in einer grossen internationalen Zeitung, wo er meinte: Es sei eine gute Sache für einen Moslem, Sayeed zu töten und ihr den Kopf abzuhacken.»
Da sie sich unislamisch kleide, sei sie eine grosse Gefahr für die Gesellschaft. Sayeed liess sich nicht beirren und kritisierte die Extremisten.
Etliche «Feinde des Islams»
«Gegen den Islam, den Propheten und den Koran» seien die «Satanischen Verse», lautete Chomeinis Begründung 1989 für die Fatwa gegen Autor Salman Rushdie. Farag Foda sei «ein Feind des Islams» hiess es 1992 in einer ägyptischen Fatwa gegen den Schriftsteller, der danach von Dschihadisten ermordet wurde.
«Gotteslästerung» befand ein Ayatollah 2012 wegen eines Liedes des im Iran geborenen, in Köln lebenden Rappers Shahin Najafi, der sich in einem Lied über einen seit Jahrhunderten verstorbenen Imam lustig machte.
Disput um Rushdies Fatwa
Salman Rushdie nützte es nichts, dass 1989 religiöse Gelehrte in Saudi-Arabien und Ägypten die iranische Fatwa als illegal verurteilten. Unbekannt ist im Übrigen, wie viele Mord-Fatwas überhaupt zirkulieren. Denn eine solche kann im islamischen Recht – besonders bei den Sunniten – prinzipiell jeder aussprechen.
Zudem töten Extremisten auch ohne diese religiöse Formalität – etwa 2005 bei den dänischen Mohammed-Karikaturen und 2015 beim Terrorangriff auf die Redaktion von «Charlie Hebdo». Sie hassen das freie Wort, die Kunstfreiheit und die Gedankenfreiheit.