In Frankreich hat Präsident Emmanuel Macron letzte Woche die ganze Regierung umgebildet, unter anderem betrifft das auch das Kulturministerium.
Neu steht diesem die 58-jährige Rachida Dati von den rechtsgerichteten Républicains vor. Sie war unter Nicolas Sarkozy bereits Justizministerin. Frankreich-Korrespondent Daniel Voll ordnet die unerwartete Besetzung ein.
SRF: Was hat die Kultur in Frankreich von Rachida Dati zu erwarten?
Daniel Voll: Das ist die grosse Frage, die man sich aktuell stellt. Rachida Dati hat klare Meinungen und hält mit diesen auch nicht zurück.
Die Leute seien verblüfft über diese Ernennung.
Aber es ist doch sehr erstaunlich, dass sie nun ins Regierungslager von Emmanuel Macron wechselt, das sie vor Kurzem noch als «Ansammlung von Verrätern von links und rechts» bezeichnet hat. Zudem kennt man ihren Kulturbegriff noch nicht.
Gibt es bereits Reaktionen von Seiten Kulturinstitutionen oder von Persönlichkeiten aus der Kultur auf ihre Ernennung?
Es gibt bisher nur sehr wenige Äusserungen. Die meisten seien noch unter Schock, hat zum Beispiel der Direktor des Nationalen Kinoverbands gesagt. Die Leute seien verblüfft über diese Ernennung.
Das Kulturministerium ist ein prestigeträchtiges Amt. Frankreich versteht sich als Kulturnation.
Dahinter steht bestimmt auch eine bestimmte Vorsicht, denn das Kulturministerium ist ein wichtiger Geldgeber. Es gibt eine prononcierte Äusserung eines Vorgängers von Rachida Dati. Frédéric Mitterrand, der mit ihr in der Regierung von Nicolas Sarkozy gesessen ist, hat gesagt: Das Kulturministerium brauche ein Erdbeben, und Rachida Dati könne dies bewirken.
Wie wichtig ist denn der Posten des Kulturministers oder der Kulturministerin in Frankreich?
Grundsätzlich ist das Kulturministerium ein prestigeträchtiges, wichtiges Amt. Frankreich versteht sich als Kulturnation. Das Land investiert viel Geld in grosse Projekte, hat ein Budget von 4,5 Milliarden für Kulturgelder auf nationaler Ebene.
Laut der bisherigen Kulturministerin Rima Abdul Malak, sei das Budget des Kulturministeriums um 30 Prozent gewachsen, seitdem Präsident Macron im Amt ist.
Es fehlt Geld, um kulturelle Gebäude zu renovieren.
Zu den grossen Projekten, die finanziert werden, zählen zum Beispiel die Renovation der Notre-Dame oder das neue Zentrum für Frankophonie in Villers-Cotterêts. Aber: Finanzierungszusprüche fallen oft nicht im Kulturministerium. Das Kulturministerium ist vor allem ein Fachministerium.
Letzte Entscheide fällt oft der Präsident. Auch wichtige Personalbeschlüsse fallen in der Regel im Élysée-Palast: Wenn zum Beispiel das Louvre oder das Centre Pompidou eine neue Direktion bekommt.
In welchem Zustand ist die Kultur in Frankreich? Stehen wichtige Entscheidungen in der Kulturpolitik an?
Eines der grossen, heissen Eisen in Frankreich ist immer wieder, dass das Geld fehlt, um kulturelle Gebäude zu renovieren. Frankreich hat enorm viele Baudenkmäler und zu wenig Geld, um alle diese Kirchen, Klöster und Paläste zu renovieren.
Das Gespräch führte Ruth Wili.