Am Rande des einstigen Schwarzen Jazz- und Blues-Viertels, dem Fillmore Distrikt in San Francisco, liegt die Third Baptist Church.
Pastor an dieser Kirche ist der 84-jährige Amos Brown – und das seit bald 50 Jahren. Er ist der spirituelle Wegbegleiter der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris.
In dieser Kirche wird nicht nur gebetet
Die Third Baptist Church ist eine Institution in San Francisco. Gegründet 1852 ist sie heute die älteste afro-amerikanische Gemeinde der Stadt. Pünktlich um 10 Uhr beginnt der Gottesdienst. Pastor Amos Brown wirkt körperlich angeschlagen, stützt sich immer wieder ab. Doch sein Geist ist ungebrochen, das macht er schnell in diesem Gottesdienst klar.
Mehrmals in seinen Ausführungen bringt er den auf 250 Menschen angewachsenen Raum zum Jubeln. Die Third Baptist Church ist keine stille Kirche, hier wird geklatscht und applaudiert, Zustimmung gezeigt. Immer wieder hört man ein «Amen» oder ein «Halleluja» als Reaktion auf das Gesagte.
Prägende Jugendjahre
Brown wuchs in Mississippi mit «Gewalt und Terror» des Ku-Klux-Klan auf. «Damals war das allgegenwärtig», beschreibt er im Rückblick. Als der 14-jährige Emmett Till schliesslich von zwei Weissen brutal misshandelt, umgebracht und sein Körper in den Tallahatchie River geworfen wurde, veränderte das das Leben des damals gleichaltrigen Amos Brown.
Er trifft Medgar Evers, den damaligen Sekretär der Bürgerrechtsorganisation NAACP (National Association for the Advancement of Colored People) und organisiert in den Folgemonaten deren ersten Jugendrat. Diese Erfahrungen sollten sein Leben prägen. Amos Brown wurde ein Teil der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und benannte Unrecht, wo er es sah.
Über die Kirche zu Kamala
1976 übernahm er als 35-Jähriger die Position des Pastors an der Third Baptist Church in San Francisco – einer Gemeinde, die sich einmischte und offen die Missstände in der «City by the Bay» und im Land ansprach. In den 90er-Jahren lernte er Kamala Harris kennen, die damals Staatsanwältin in der Region war.
Kamala Harris strahlte immer Präsenz, Intellekt und Engagement aus. Sie ist nicht abgehoben.
Brown wurde mehrfach kritisiert. Nur wenige Tage nach den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 war der Pastor von allen Seiten angegriffen worden. Auf einer Gedenkveranstaltung für die Opfer hatte er gefordert, auch die USA sollten einmal darüber nachdenken, warum Amerika weltweit so verhasst sei.
Doch die Verbindung mit Kamala Harris hielt. Die Vize-Präsidentin betont auch heute noch gerne, sie sei Gemeindemitglied der Third Baptist Church, ihr Pastor Amos Brown.
Vertrautes Verhältnis
Brown sagt über Kamala Harris: «Sie strahlte immer Präsenz, Intellekt und Engagement aus. Sie ist nicht abgehoben.» Sie sprächen regelmässig, so Brown. Er zieht sein Telefon heraus und sucht nach der jüngsten Sprachnachricht, als Kamala Harris sich in Philadelphia auf die Debatte mit Donald Trump vorbereitete, ihn anrief und darum bat, gemeinsam mit ihm zu beten.
Auch als Präsident Joe Biden im Juli seine Kandidatur zurückzog und Kamala Harris in Position brachte, rief sie ihren Pastor an. Für ihn ist klar: Falls Kamala Harris die Wahl gewinnen sollte, werden er, seine Frau und wohl etliche Mitglieder der Third Baptist Church am 20. Januar, dem Inauguration Day, in Washington D.C. dabei sein.