Erste US-Präsidentin? Die Vizepräsidentin hat sich bei einer Online-Abstimmung der Demokratischen Partei die notwendige Mehrheit der Delegiertenstimmen für die Präsidentschaftskandidatur ihrer Partei gesichert, noch vor dem Parteitag in Chicago Mitte August. Damit hat Kamala Harris die Chance, als erste Frau in der Geschichte der USA das Präsidentenamt zu übernehmen. Bei einem Wahlsieg würde sie an die Spitze der weltgrössten Volkswirtschaft rücken und Oberbefehlshaberin des Militärs werden.
Vorreiterin für Einwanderer: Harris würde damit einen Generationenwechsel im Weissen Haus einläuten. Mit ihr käme auch erstmals ein asiatischstämmiger Mensch und nach Barack Obama erst die zweite Schwarze Person überhaupt in das höchste politische Amt der Vereinigten Staaten. Harris war die erste Frau, die Bezirksstaatsanwältin von San Francisco wurde, dann die erste Schwarze Generalstaatsanwältin von Kalifornien, danach die erste Senatorin in Washington mit indischen Wurzeln. Anfang 2021 übernahm mit ihr schliesslich erstmals eine Frau sowie eine Schwarze und asiatischstämmige Person die Vizepräsidentschaft der USA.
Die Vorbehalte: Wie Biden kämpft Harris mit niedrigen Zustimmungswerten. Als Nummer zwei tat sie sich lange schwer, ihr politisches Profil zu schärfen. In der Anfangszeit ihrer Vizepräsidentschaft wurde sie von einigen Demokraten gar als Belastung empfunden. Sie trat ihr Amt zwei Wochen nach dem Sturm wütender Trump-Anhänger auf das Kapitol in Washington an, schaffte es aber nicht, das politische Establishment in der Hauptstadt und die Öffentlichkeit von sich zu überzeugen. Erst 2022 schien sie sich mehr und mehr in ihrer Rolle einzufinden. Sie wurde eine führende Stimme beim Kampf für das Recht auf Abtreibung und setzte sich gegen Waffengewalt ein.
Klares Bekenntnis zur Nato: Harris hat ihr aussenpolitisches Profil in den letzten Monaten geschärft. Im Februar bekannte sie sich in einer Rede vor der Münchner Sicherheitskonferenz explizit zur Nato und zur internationalen Zusammenarbeit – offensichtlich in Abgrenzung zu Trump, der deutlich kritischere Töne anschlägt, wenn es um die Militärallianz oder traditionelle Verbündete geht. Harris vertrat Biden beim internationalen Ukraine-Gipfel auf dem Bürgenstock und mahnte Israel mit deutlichen Worten zur Mässigung im Gaza-Krieg.
Eingewanderte Eltern: Harris ist mit Rechtsanwalt Douglas Emhoff verheiratet, der erster «First Gentleman» in der Geschichte der USA werden könnte. Das Paar hat keine gemeinsamen Kinder, Emhoff brachte aber zwei Kinder aus einer früheren Beziehung in die Ehe. Harris ist die Tochter von zwei Einwanderern. Ihr Vater, ein renommierter Wirtschaftswissenschaftler, stammt aus Jamaika. Ihre Mutter, eine 2009 verstorbene Brustkrebsforscherin, kam aus Indien in die USA.
Stolz auf indisches Erbe: Harris wurde in Kalifornien geboren, ihre Eltern trennten sich, als sie noch ein kleines Kind war. Sie und ihre jüngere Schwester wuchsen bei ihrer Mutter auf, zeitweise lebten sie im kanadischen Montreal. «Sie erzog uns zu stolzen und starken, schwarzen Frauen. Und sie hat uns beigebracht, unser indisches Erbe zu kennen und darauf stolz zu sein», sagte Harris 2020 in einer Rede. Darin betonte sie auch, dass die USA einen Präsidenten bräuchten, «der uns alle zusammenbringt – Schwarze, Weisse, Latinos, Asiaten, Ureinwohner – um die Zukunft zu erreichen, die wir gemeinsam wollen.»