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Paukenschlag in den USA Biden zieht Kandidatur zurück – was passiert jetzt?

Der Druck auf den US-Präsidenten war zu gross. Joe Biden zieht seine Kandidatur zurück.

Was ist passiert? US-Präsident Joe Biden hat am Sonntagabend (Schweizer Zeit) seine Kandidatur als US-Präsident zurückgezogen. Er schrieb auf der Plattform X: «Obwohl es meine Absicht war, mich um eine Wiederwahl zu bemühen, glaube ich, dass es im besten Interesse meiner Partei und des Landes ist, wenn ich mich zurückziehe und mich für den Rest meiner Amtszeit ausschliesslich auf die Erfüllung meiner Pflichten als Präsident konzentriere», so der Demokrat in einer schriftlichen Erklärung. «Ich werde im Laufe dieser Woche vor der Nation ausführlicher über meine Entscheidung sprechen.» Klar ist: Bis Ende Dezember 2024 bleibt Joe Biden US-Präsident.

Wie geht es jetzt weiter? Der Nominierungsparteitag der Demokraten findet vom 19. bis 22. August in Chicago im Bundesstaat Illinois statt. Eigentlich hätte da der 81-Jährige offiziell als Präsidentschaftskandidat gekürt werden sollen. Die Demokraten dürften nun so kurz vor der Wahl wenig Interesse haben, einen offenen Konkurrenzkampf mehrerer Ersatzkandidaten zu starten und den Parteitag zum Austragungsort für ein Abstimmungsdrama zu machen. Wahrscheinlicher ist, dass sie versuchen werden, die Partei vorab hinter einer neuen Spitzenperson zu versammeln. Diese Person könnte die Partei bereits Anfang August virtuell nominieren.

Bidens Verzichtserklärung auf Deutsch

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Die Erklärung im Wortlaut:

«Liebe Mitbürger,

in den vergangenen dreieinhalb Jahren haben wir als Nation grosse Fortschritte gemacht.

Heute hat Amerika die stärkste Wirtschaft der Welt. Wir haben historische Investitionen in den Wiederaufbau unserer Nation, in Kostensenkungen für verschreibungspflichtige Medikamente für Senioren und in die Ausweitung einer bezahlbaren Gesundheitsversorgung für eine Rekordzahl von Amerikanern getätigt. Wir haben einer Million Veteranen, die giftigen Substanzen ausgesetzt waren, dringend benötigte Versorgung verschafft.

Wir haben das erste Waffensicherheitsgesetz seit 30 Jahren verabschiedet. Wir haben die erste afroamerikanische Frau für das Oberste Gericht ernannt. Und wir haben die bedeutendste Klimagesetzgebung in der Geschichte der Welt verabschiedet. Amerika war noch nie besser aufgestellt, um zu führen, als wir es heute sind.

Ich weiss, dass nichts davon ohne Sie, das amerikanische Volk, hätte getan werden können. Gemeinsam haben wir eine Jahrhundertpandemie und die schlimmste Wirtschaftskrise seit der Grossen Depression überwunden. Wir haben unsere Demokratie geschützt und bewahrt. Und wir haben unsere Allianzen auf der ganzen Welt wiederbelebt und gestärkt.

Es war die grösste Ehre meines Lebens, als Ihr Präsident zu dienen. Und obwohl es meine Absicht war, mich um eine Wiederwahl zu bemühen, glaube ich, dass es im besten Interesse meiner Partei und des Landes ist, wenn ich mich zurückziehe und mich für den Rest meiner Amtszeit ausschliesslich auf die Erfüllung meiner Pflichten als Präsident konzentriere.

Ich werde im Laufe dieser Woche vor der Nation ausführlicher über meine Entscheidung sprechen.

Lassen Sie mich vorerst allen meine tiefste Dankbarkeit aussprechen, die so hart für meine Wiederwahl gearbeitet haben. Ich möchte Vizepräsidentin Kamala Harris dafür danken, dass sie bei all dieser Arbeit eine aussergewöhnliche Partnerin war. Und lassen Sie mich dem amerikanischen Volk meine tief empfundene Wertschätzung für den Glauben und das Vertrauen aussprechen, das Sie in mich gesetzt haben.

Ich glaube heute, was ich schon immer geglaubt habe: Dass es nichts gibt, was Amerika nicht schaffen kann – wenn wir es gemeinsam tun. Wir müssen uns nur daran erinnern, dass wir die Vereinigten Staaten von Amerika sind.»

Wer könnte in die Bresche springen? Bidens Vizepräsidentin Kamala Harris will ihren Chef im November beerben. Sie gilt als natürliche Nachfolgerin Bidens. Biden selbst hat sie kurz nach seinem Rückzug als Ersatzkandidatin für die Wahl im November vorgeschlagen. «Ich fühle mich geehrt, die Unterstützung des Präsidenten zu haben, und ich habe die Absicht, diese Nominierung zu verdienen und zu gewinnen», teilte Harris in einer schriftlichen Stellungnahme mit.

Wer ist Kamala Harris? Harris ist die erste Frau und die erste Schwarze, die den Eid als US-Vizepräsidentin abgelegt hat. Lange Zeit galt die 59-Jährige in ihrem Amt als blass und hatte mit schlechten Umfragewerten zu kämpfen. Angesichts von Bidens Hängepartie gewann sie zuletzt aber an Zuspruch. Ausserdem ist sie durch ihre Rolle national bekannt, sie hat alle Checks fürs Weisse Haus bereits durchlaufen und sie könnte wohl auf den Wahlkampfapparat und vermutlich auch auf gesammelte Spenden von Biden zugreifen, weil sie als Vize schon Teil von dessen Wiederwahlkampagne ist. Die Demokraten bräuchten nun gute Gründe, Harris einfach zu übergehen. Und es wäre riskant, denn die schwarze Wählerschaft ist entscheidend für die Demokraten. Würde Harris aufrücken, bräuchten die Demokraten bis zum Parteitag noch einen Vizekandidaten an ihrer Seite.

US-Wahlen 2024

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Legende: SRF

Donald Trump kehrt als 47. Präsident ins Weisse Haus zurück. Alle News und Hintergründe dazu finden Sie hier: US-Wahlen 2024 .

Gibt es Alternativen zu Harris? Neben Harris fielen zuletzt am häufigsten die Namen Gavin Newsom und Gretchen Whitmer. Newsom (56) ist Gouverneur des mächtigen Bundesstaates Kalifornien. Er teilte auf X inzwischen allerdings mit, er unterstütze Harris als demokratische Präsidentschaftskandidatin . Whitmer (52) ist Gouverneurin von Michigan und gilt seit Längerem als aufstrebende Kraft in der Partei. Auch sie verzichtet jedoch auf eine Kandidatur, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg meldete. Sie lasse Harris oder anderen Demokraten den Vortritt. Laut US-Medien hatten beide auch schon früher intern klargemacht, dass sie als mögliche Vizes für Harris nicht zur Verfügung stehen.

SRF 4 News, 21.07.2024, 20 Uhr ; 

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