Der Weltklimarat hat es gerade einmal mehr bestätigt: Die Erde erwärmt sich, die Auswirkungen werden immer deutlicher sicht- und spürbar. Kommen solche Meldungen noch bei uns an, oder sind wir schlechte Nachrichten zum Klimawandel schon so gewohnt, dass wir weghören?
Die Psychologin Verena Kantrowitsch erklärt, wie wir mit solchen Meldungen umgehen und wie man kommunizieren muss, damit auch schlechte Nachrichten gehört werden.
Besteht die Gefahr, dass man bei so viel alarmierender Berichterstattung zum Klima resigniert und denkt: Ich kann sowieso nichts mehr verändern?
Diese Gefahr gibt es. Ein norwegischer Umweltpsychologe hat einmal von der sogenannten «Apokalypsenmüdigkeit» gesprochen. Man denkt: «Es ist schon so lange fünf vor zwölf, es ist doch bisher immer gut gegangen.» Dann kommt man zum Schluss: Vielleicht ist es ja doch gar nicht so schlimm.
Man hat daraus abgeleitet, dass man mehr oder noch drastischer über den Klimawandel berichten muss. Das stimmt zwar, aber es kommt eben drauf an, wie wir kommunizieren.
Drastik allein bringt nichts?
Genau. Wenn ich nur negatives Wissen habe, aber keine Idee, was ich tun kann, kann das in einer Hilflosigkeit enden, die mich erstarren lässt.
Braucht es also konkrete Anleitungen zum Klimawandel, die man umsetzen kann?
Wir brauchen mehr positive Beispiele. Denn jetzt ist ein sehr grosser und schwieriger Schritt nötig: Dass wir viele Dinge in unserem Alltag anders sehen und auch anders leben.
Momentan leben wir in einem Alltag, der eine klimaschädliche Option des Verhaltens zum Standard macht – sowohl in der Mobilität als auch bei der Energie. Im Augenblick sind Dinge Standard, die klimaschädlich sind – zum Beispiel Benzin, Diesel oder Kohle. Wir müssen einen Alltag anstreben, der klimafreundliches Verhalten zum Standard macht.
Es kann sehr motivierend sein zu merken, dass es Dinge gibt, die sowohl für meine, als auch für die planetare Gesundheit gut sind.
Wie müsste man drastische Botschaften wie den aktuellen Bericht des Weltklimarats kommunizieren, damit die Leute nicht weghören?
Ich habe ein Motto, das ich «Pessimismus in der Analyse, Optimismus in der Strategie» nenne. Das bedeutet: Wir sollen nicht schönreden, was passiert. Es geht schliesslich um unseren Lebensraum und darum, ob wir in Zukunft als Menschen hier leben können.
Aber es ist eben auch möglich, Nachhaltigkeit Teil unseres Alltags werden zu lassen und so etwas zu verbessern. Kurz: Negative Meldungen analytisch zur Kenntnis nehmen, und dann Strategien für die Lösung aufzeigen.
Beim Klimawandel kann der Eindruck entstehen, dass es sich um eine langfristige Entwicklung handelt, die mich nicht betrifft. Wie schafft man es, dass die Menschen das Gefühl bekommen: Das geht mich was an?
Was die meisten Leute interessant finden, sind Dinge, die ihr eigenes Leben und ihre eigene Gesundheit betreffen. Hier sollte man ansetzen, indem man zum Beispiel über klimabewusste und gesunde Ernährung spricht – eine Win-Win-Situation. Es kann sehr motivierend sein zu merken, dass es Dinge gibt, die sowohl für meine, als auch für die planetare Gesundheit gut sind.
Das Gespräch führte Irene Grüter.