Das fanatische Verbrechen: Massenmord der Sonnentempler-Sekte (1994)
Das ist passiert: 1994 begeht die Sonnentempler-Sekte in Cheiry (FR) und Salvan (VS) ein Massaker. 48 Sektenmitglieder kommen ums Leben. Die meisten von ihnen werden ermordet – zuvor mit Drogen beruhigt, dann in Kultgewändern sternförmig angeordnet.
Im Laufe der Jahre gibt es weitere Massaker, weltweit sterben in Zusammenhang mit dem Kult 74 Menschen. Auch die Sektenführer sind unter den Toten.
Die Hintergründe: Die beiden Gurus Joseph Di Mambro und Luc Jouret gründen den Orden vermutlich in den 1980er-Jahren. Ihre Anhänger leben in Kommunen, in Werbespots zeigen sie sich als friedliche Gemüsebauern. Die Gurus finanzieren sich mit Spenden, kaufen Immobilien in der Schweiz, Frankreich und Kanada.
Wegen Razzien und Aussteigern, die ihr Geld zurückwollen, kommen Di Mambro und seine Gehilfen zur Überzeugung, in einer ihnen feindlich gesinnten Welt zu leben, der man entfliehen muss. Die Sektenführer bereiten den «Transit» vor: Die Mitglieder glauben, sie würden ihre spirituelle Mission auf dem fernen Stern Sirius fortführen.
Das Urteil: In der Schweiz werden überlebende Sonnentempler nicht angeklagt. Nur der Genfer Dirigent Michel Tabachnik, der Di Mambro nahegestanden ist, muss sich in Frankreich vor Gericht verantworten. Tabachnik wird freigesprochen. Noch heute ist das Sektendrama nicht restlos geklärt.
Das brutale Verbrechen: Vierfachmord von Rupperswil (2015)
Das ist passiert: Thomas N. – ein Student aus der Nachbarschaft – gibt sich am 21. Dezember 2015 als Schulpsychologe aus, um ins Haus der Familie S. zu gelangen.
Er bedroht den 13-jährigen Sohn, zwingt die Mutter, den älteren Sohn und die Freundin zu fesseln, erpresst Geld, missbraucht den 13-Jährigen sexuell, filmt es. Der 33-Jährige schneidet allen die Kehle durch und legt einen Brand.
Die Hintergründe: Monatelang hat die Polizei keine Spur. Die Staatsanwaltschaft setzt die höchste je in der Schweiz von Behörden ausgesprochene Belohnung aus. Wie genau man Thomas N. auf die Schliche kommt, ist unklar.
Unbestätigt bleibt, ob die Massenauswertung von Handydaten – betroffen waren 30’000 Handynutzer, da in der Nähe die Autobahn A1 durchführt – ihn überführt hat.
Das Urteil: Thomas N. wird in einem Café festgenommen, ist geständig. Er wird zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe und ordentlicher Verwahrung verurteilt.
Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass Thomas N. zum Serientäter hätte werden können. Er hatte bereits andere Familien in den Kantonen Bern und Solothurn im Visier. Zum Motiv sagte er im Prozess: Das Sexuelle habe dominiert.
Das Serienverbrechen: «Todespfleger» von Luzern (1995–2001)
Das ist passiert: Am 29. Juni 2001 wird der 32-jährige Pfleger R. A. im Luzerner Betagtenzentrum Eichhof abgeführt. Er hat während sechs Jahren in verschiedenen Alters- und Pflegeheimen mindestens 22 Menschen getötet – so viele, wie kein anderer zuvor in der Schweizer Kriminalgeschichte.
Er erstickt seine betagten Opfer mit einem Plastiksack oder vergiftet sie mit einer Überdosis Beruhigungsmittel. Lange geht man von natürlichen Todesfällen aus.
Die Hintergründe: Als die Polizei ihn verhaftet, hat sie gegen den Pfleger nichts in der Hand. Einzig ein Verdacht führt sie zum 32-Jährigen: Seit er auf Pflegestation A zu arbeiten begonnen hat, häufen sich dort die Todesfälle.
Später sagt Kripo-Chef Daniel Bussmann: «Es war eine grossangelegte Intervention auf – ich muss es betonen – gut Glück.»
Das Urteil: Bei der Einvernahme ist der «Todespfleger» sofort geständig. Im Prozess gibt er an, aus Mitleid und Überforderung gehandelt zu haben. Später räumt er ein, wütend auf seine Opfer gewesen zu sein, weil sie ihn kritisiert hätten.
R. A. kriegt eine lebenslängliche Haftstrafe. Nach Schweizer Recht könnte er nach 15 Jahren bedingt entlassen werden. Seit 2016 wird die Entlassung aber jedes Jahr abgelehnt.
Das politische Verbrechen: Attentat am Flughafen Kloten (1969)
Das ist passiert: Vier Attentäter, Teil der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), fahren am 18. Februar 1969 mit einem gemieteten VW Käfer an den Flughafen Kloten und beschiessen ein israelisches Flugzeug.
Sechs Personen werden verletzt, der Pilot stirbt später. Ein israelischer Sicherheitsbeamter, Mordechai Rachamim, rennt aus dem Flugzeug und erschiesst einen der Angreifer, den Jordanier Abdel Mohsen Hassan, aus nächster Nähe.
Die Hintergründe: Das Attentat beim Flughafen Kloten ist hochbrisant, weil die Schweiz so zum Schauplatz des Nahostkonflikts wird.
Zwei Jahre zuvor ist der Konflikt zwischen Israel und den arabischen Nachbarn Ägypten, Jordanien und Syrien im Sechstagekrieg eskaliert. Die Neutralität der Schweiz wird angezweifelt. Die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen mit Israel als auch mit den arabischen Staaten stehen auf dem Spiel.
Das Urteil: Ende 1969 stehen die drei Attentäter sowie der israelische Agent in Winterthur vor Gericht. Der Prozess ist ein internationales Medienspektakel.
Der Israeli Mordechai Rachamim wird freigesprochen. Die drei Attentäter werden wegen vorsätzlicher Tötung zu 12 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Der Schweiz wird vorgeworfen, dass sie Partei für Israel ergreift.
Rund neun Monate später sind die Attentäter frei. Der Grund: Ein Swissair-Flugzeug wird in Jordanien entführt und so die Freilassung der Kloten-Attentäter beim Bundesrat erpresst.
Das kontroverse Verbrechen: Amoklauf von Günther Tschanun (1986)
Das ist passiert: Am 16. April 1986 erschiesst Günther Tschanun, Chef der Zürcher Baupolizei, in seinem Büro vier seiner engsten Mitarbeiter mit gezielten Kopfschüssen und verletzt ein weiteres Opfer schwer.
Die Hintergründe: Die Zürcher Baupolizei befindet sich zu dieser Zeit im Umbruch. Viele Riesenprojekte brauchen Ausnahmebewilligungen, von allen Seiten wird Druck ausgeübt, es gibt zu wenig Personal. Tschanun ist im Amt isoliert. Warum er nicht gekündigt hat, gibt er nie preis.
Gegenüber Psychologinnen sagt Tschanun, jeder hätte in seiner Situation dasselbe getan. In der Gesellschaft gibt es auch Verständnis für den Täter. Das «unmenschliche System» sei an seinem Amoklauf mitschuldig.
Das Urteil: Tschanun flüchtet nach der Tat nach Frankreich, versucht sich umzubringen, es gelingt ihm nicht. Drei Wochen nach der Tat wird er in einem Hotel verhaftet. Das Zürcher Obergericht verurteilt ihn wegen Mordes zu 20 Jahren Zuchthaus.
Im Tessin baut er sich nach seiner vorzeitigen Entlassung – wegen guter Führung – unter einem neuen Namen ein neues Leben auf. Er stirbt 2015 bei einem Fahrradunfall bei Losone.