Irene ist klein und zierlich, hat aber Energie für drei. Ich jedenfalls werde diesen Tag nicht so schnell vergessen. Am Morgen starten wir mit einem Frühstücksmüesli. Irene ärgert sich, dass sie bei der letzten Aktion nicht mehr Milch eingekauft hat. Die Preisdifferenz beträgt zwar nur 4 Cents, aber die 29jährige Studentin spart, wo sie nur kann. Alle paar Wochen besucht sie ihre Eltern, um sich im heimischen Garten mit Gemüse einzudecken.
Job im Ausland als letzte Option
Irene studiert Ingenieurswesen, macht ihren dritten Master auf Lehramt und schreibt an der Doktorarbeit, die ihr niemand finanziert. Mit Sprachunterricht via Skype verdient sie gerade mal 70 Euro im Monat. Das Wenige, was sie auf der Seite hat, hat sie sich früher von Stipendien abgespart.
Wir verbringen einen turbulenten Tag: Vorlesungen an der Uni, Gratis-Chorprobe über Mittag, eine Banane zwischendurch, Fussball am Nachmittag, gratis Italienischunterricht, ein selbst gemachtes Sandwich, gratis Polnischlektion abends um acht. Irene versucht, ihre Studienzeit sinnvoll zu füllen. Sie lernt die Fremdsprachen, um sich auf eine mögliche Zukunft im Ausland vorzubereiten.
Hobbys, die nichts kosten
Kino, Restaurant, Club – das alles kann sich Irene nicht leisten. Um nicht ins soziale Abseits zu geraten und zwischen der Studiererei auch mal durchzuatmen, nimmt sie jede Freizeitbeschäftigung wahr, die nichts kostet.
Das Ganze hat im ersten Moment etwas Verrücktes. Doch eigentlich will Irene nur eines: ein ganz normales Leben, mit einem normal bezahlten Teilzeitjob, damit sie die Kinder, die sie sich wünscht, aufwachsen sieht. Dieses Ziel mag einigen banal erscheinen – Irene ist bereit, dafür alles zu geben.