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Spirituell-unkonventionell Diese Nonne freelanct für Gott in Jeans und T-Shirt

Wie fühlt es sich an, eine Berufung zur Nonne zu haben? Veronika Ebnöther hat es als 20-Jährige erlebt und schwärmt noch 30 Jahre später von dieser Erfahrung.

Sie steckte gerade zwischen der Matura und dem Beginn ihres Kunstgeschichtestudiums, als sie ein einschneidendes Erlebnis hatte: ihre Berufung zu Gott. Heute lebt Schwester Veronika Ebnöther zwar nicht in einem Kloster, aber ihr Leben stellt sie ganz in den Dienst des Herrn.

Eine Frau in dunklen Kleidern mit Kopfhaube und Schleier.
Legende: Ganz nah bei Gott und mit beiden Beinen im Leben: «Freelance-Nonne» Veronika Ebnöther lebt das Zölibat – im T-Shirt. Fabienne Bühler Fotografie

«Ich sass in der Kirche und erlebte etwas, das von einer anderen Welt gekommen ist: ein Ruf von einem ganz persönlichen Du, von Gott. Das hat mein Leben umgekrempelt.»

Einladung von Christus

Sie sei vor dem Tabernakel gesessen, wo nach katholischem Glauben das Allerheiligste, das Brot aufbewahrt wird. Und plötzlich sei von diesem Ort ein Ruf ausgegangen, eine Einladung, den Weg mit ihm, Christus, zu gehen.

Dieser Einladung folgte sie. 2002, sieben Jahre später, heiratete sie in einer kirchlichen Zeremonie und gehüllt in ein Hochzeitskleid ihren Mann, Jesus. Doch Veronika Ebnöther wurde keine gewöhnliche Nonne. Sie lebt zwar zölibatär und trägt den Schleier einer Ordensfrau, aber dazu Jeans und T-Shirt.

Freelance-Schwester

Zudem nennt sie sich «Freelance-Schwester». Für ihren Lebensunterhalt muss sie selbst aufkommen, denn, statt in einem Kloster, lebt die 50-Jährige allein in einer kleinen Wohnung in Zürich.

Als sie damals am Familientisch von ihrer Berufung erzählte, war es plötzlich still. Zwar kommt Schwester Veronika aus einem gläubigen Haushalt, aber dass die eigene Tochter ihr Leben Gott weiht, das war eine Überforderung. «Danach war das Thema begraben», nie wieder hätte man mit ihr darüber gesprochen.

«Wir waren ineinander verwoben»

Ihre Beziehung zu Gott beschreibt sie als tiefe Vereinigung: «Ich glaube, Gott lebt ganz tief in der Seele des Menschen, da wohnt er, da ist er präsent. Meine Sehnsucht ist, damit in Resonanz zu gehen», so Ebnöther.

Sie suche das absolute «Angenommensein». Einmal hätte sie das explizit erlebt. Es war 1997. «Ich merkte, wie ich durchdrungen werde von diesem Gott. Wir waren ineinander verwoben, wie die Quer- und Längsfäden eines Tuches, die zwar sich selbst bleiben, aber zusammen ein Tuch bilden.»

Auf dieses mystische Erlebnis könne sie bis heute zurückgreifen. «Wie zwei Liebende, die die Stirn aneinander halten und diese tiefe Verbundenheit miteinander spüren.»

Zweifel daran gäbe es nicht. Allerdings frage sie sich immer wieder, was Gott mit ihr vorhabe, wo er sie haben möchte und wie sie sich in seinen Dienst stellen könne. Momentan arbeitet Schwester Veronika als Gefängnisseelsorgerin und Beraterin für psychische Gesundheit. So verdient sie sich auch ihren Lebensunterhalt.

Weg aus der inneren Gefangenschaft

Den Männern im Gefängnis – Schwerverbrecher, wie Mörder oder Vergewaltiger – versuche sie zu innerer Freiheit zu verhelfen. Diese seien teils gefangen in Rache- und Schuldgedanken.

Eine Frau in dunklen Kleidern mit Kopfhaube und Schleier sitzt an einem Tisch vor Fläschchen.
Legende: Schwester Veronika Ebnöther ist auch Farb-Sommelière: Natürliche Pigmente lösen Empfindungen aus und können ihre Gespräche mit den Menschen begleiten. Felix Bucher Fotografie

«Ich versuche in diesem engen Setting einen Weg zu finden, sodass die Männer etwas vom Grund ihrer Seele spüren. Sie sollen merken, dass sie geliebt sind, egal was sie getan haben.»

Der Sehnsucht nach «mehr» nachgehen

Es sei ein Dialog auf Augenhöhe, in dem auch sie viel von ihrem Gegenüber lernen könne. Klar ist für Schwester Veronika, dass alle Menschen eine Sehnsucht nach «mehr» in sich spüren. Dieser möchte sie im Gespräch Raum geben und nachgehen.

Deshalb hat sie inzwischen mitten in der Stadt Zürich ein Gesprächsatelier. Dort empfängt sie auch Menschen, die mit der Kirche nichts anfangen können.

SRF 1, 8.12.2024, Sternstunde Religion, 10:00 Uhr

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