«‹Wo ist Gott› hat mich alles an Herz, Zeit, Kraft und Geld gekostet, was ich besitze», erklärt Sandra Gold und uns damit einen einzigartigen Film beschert.
Die Frage nach dem Allmächtigen stellen sich viele irgendwann im Leben: weil sie eine geliebte Person verlieren oder krank werden. Weil sie sich fragen, weshalb Gott, wenn es ihn denn gibt, zulässt, dass die Menschen einander so viel Leid antun, ohne dass er – oder sie oder es – eingreift.
Es ist eine simple, fast kindliche Frage. Die Antwort hingegen ist komplex.
Vier Menschen im Zentrum
So komplex, dass Sandra Gold der Frage einen ganzen Film widmet. Die deutsche Regisseurin hat eine Buddhistin, einen Sufi-Scheich, eine Katholikin und einen frommen Juden im Alltag und bei der Arbeit begleitet. Und weil die Antwort auf die Frage derart komplex ist, dauert der Film nicht wie ursprünglich geplant 90, sondern 135 Minuten.
Da ist Schwester Veronika, die in jungen Jahren eine Gotteserfahrung machte, die ihr Leben komplett auf den Kopf stellte. Sie trat ins Kloster ein, obwohl sie das eigentlich nie wollte, erzählte Sandra Gold der Plattform kath.ch: «Sie ist vom Typ her eher rebellisch. Sie konnte ihrer Familie nicht ausreichend erklären, was damals geschehen ist und weswegen sie bei den Karmelitinnen eingetreten ist. Das führte zu Verletzungen. Denn diesen plötzlichen Wandel verstanden nicht alle.»
Die Suche nach Gott – oder vielleicht besser: die Suche nach dem richtigen Leben – kann nicht nur andere Menschen vor den Kopf stossen, sondern auch Vertreterinnen und Vertreter religiöser Institutionen. Im Film kommen sie nicht vor. Denn letztlich, erklärt der Sufi-Scheich Süleyman Wolf Bahn, sei die Suche nach dem Sinn im Leben – dem «Geheimnis mit Gott» also – eine höchst individuelle Angelegenheit.
Das persönliche Geheimnis
«Wir sagen, dass jeder Mensch mit Gott seine ureigene Verbindung hat, die nur Gott und man selbst kennt. Diese Verbindung nennen wir das Geheimnis. Jeder Mensch hat dieses ganz persönliche Geheimnis mit Gott.»
Wie man dieses Geheimnis bezeichnet, ist ein weiteres Filmthema. Interessanterweise benutzen die vier Protagonisten zum Teil denselben Wortlaut für das Unsagbare, obwohl sie sich nie treffen.
Im Film spricht auch die Zen-Frau Doris Zölls, die von einer «tiefen Einheitserfahrung» erzählt: vom Moment, als ihr bewusst wurde, dass es zwischen ihrem «minderwertigen Ich» und ihrem «starken Ich» keinen Zwiespalt mehr gibt, sondern dass «ich alles in einem bin».
Doch nicht alles im Film ist entrückt und abgehoben. Manche Erkenntnisse sind auch sehr lebenspraktisch.
Das alltägliche Leben mit Gott
In Jerusalem begegnet die Filmemacherin dem jüdischen Lehrer und Psychotherapeuten Gabriel Strenger, der Gott nie vergesse, wie sie erzählt: «Kurze Gebete sind fester Bestandteil in seinem religiösen Leben. Wenn er einen Kaffee trinkt, spricht er ein kurzes Gebet. Vor jedem Essen betet er. Er zeigte mir, dass das Leben mit Gott im Alltag nicht kompliziert sein muss.»
Doch den allermeisten von uns fällt es schwer, Zeit und Raum dafür zu schaffen, dass die Verbindung zum inneren Selbst nicht abreisst, wie es an einer Stelle im Film heisst.
Auch Sandra Gold muss nun erst wieder zu sich selbst finden, bevor sie sich neuen Projekten zuwenden kann.