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«Spiritueller Lehrer» Mit Mystik die Welt heilen – das ist die Mission von Thomas Hübl

Manche meditieren in Klöstern, allein und in Stille. Er spricht vor Hunderten von Menschen über die Verbindung von Mystik und Psychologie, historische Wunden und kollektive Traumata. So tickt der «spirituelle Lehrer» Thomas Hübl.

Thomas Hübl hat ein Ziel: die Welt zu heilen. Durch Resonanz und wahre Verbundenheit. Schon mit 16 Jahren hatte er den Impuls, etwas an die Gesellschaft zurückzugeben und machte die Ausbildung zum Rettungssanitäter, um sich später an der medizinischen Fakultät der Universität Wien einzuschreiben und Arzt zu werden. Doch es kam anders.

Nach vier Jahren Medizinstudium, mit gerade mal 26, zog er sich auf ein Landgut in Tschechien zurück und verweilte dort vier Jahre in Kontemplation. Ab und zu war seine damalige Ehefrau bei ihm, sonst blieb er viel allein und übte sich in unterschiedlichen Versenkungstechniken.

Person in weissem Hemd hält Mikrofon vor Publikum.
Legende: Thomas Hübl lädt als «spiritueller Lehrer» dazu ein, in Events am «kollektiven Schmerz» zu arbeiten. Frank Scherer

«Ich hatte schon als Kind eine tiefe Verbindung zu Gott», erzählt der gebürtige Wiener. Die römisch-katholische Kirche habe ihn aber nicht abgeholt, deshalb begann Hübl mit 19 Jahren täglich zu meditieren.

Zur Person

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Thomas Hübl ist spiritueller Lehrer, Autor, moderner Mystiker und er bietet Trainings in «zeitloser Weisheit» an.

Als Lehrer, Autor und internationaler Vermittler verbindet er Weisheitstraditionen und Mystik mit der Wissenschaft. Seit Anfang der 2000er-Jahre leitet er Grossveranstaltungen und Kurse zur Heilung kollektiver Traumata.

Während des Studiums habe er gespürt, dass er sich zurückziehen müsse, um sich tiefer mit seinem ganz eigenen Weg zu verbinden. «Das war nicht leicht, denn ich liebte die Medizin, aber das Gefühl in mir drin war so stark, dass ich ihm gefolgt bin.» Diese Auszeit sei für ihn zu einem inneren Studium geworden. Er habe damit komplementieren können, was er davor an der Universität gelernt hatte.

Wissenschaft und Spiritualität vereint

Die Kombination von Wissenschaft und Spiritualität habe ihn schon früh interessiert. Auch heute trachtet er, diese Disziplinen zu verbinden: in seiner Arbeit als spiritueller Lehrer, Leiter von Workshops und Gruppenkursen sowie als Autor von zwei Büchern.

Die Vermischung von wissenschaftlichen Begriffen und spirituellen Konzepten handelt Thomas Hübl auch Kritik ein. Denn damit bewegt er sich in Gefilden, die ihrem Wesen nach nicht wissenschaftlich nachweisbar sind und in denen keine belastbaren Studien durchgeführt werden können. Zudem wird kritisiert, dass Hübl der entsprechende akademisch-psychologische Hintergrund fehlt.

Allerdings ist er punktuell in universitäre Kontexte eingebunden, etwa an der Harvard Medical School, wo er als Gastdozent und Trainer Schulungen und Workshops leitete, die Fachpersonen im Umgang mit kollektiven Traumata unterstützen soll.

Mit Achtsamkeit gegen Traumata

Hübl beschäftigt die Frage, wie Gesellschaften von unverarbeiteten Traumata geprägt sind. Seiner Ansicht nach sind viele politische Konflikte oder soziale Spannungen Ausdruck davon – ungelöste historische Wunden, die sich als Polarisierung und Hass fortsetzen. Für ihn ist klar: Die Krisen unserer Zeit sind nicht zuletzt ein spirituelles Problem.

«Attunement», also «Verbundenheit», ist deshalb ein zentraler Begriff in Hübls Kosmos. Sie eingehen zu können, stellt für ihn das Gegenteil von Trauma dar. Dabei meint er die Verbindung zu sich selbst, zu anderen Menschen und zu einer grösseren Realität, sei es Gott oder etwas anderes, den Menschen umfassendes.

Ohne Achtsamkeit und die Bereitschaft, sich den eigenen Verletzungen zu stellen, könne diese allerdings nicht hergestellt werden. Statt, wie beim Einstieg ins Medizinstudium gedacht, mit dem Skalpell unterwegs zu sein, will Hübl also mit Präsenz und Achtsamkeit heilen. Falsch ist das bestimmt nicht.

SRF 1, Sternstunde Religion, 9.3.2024, 10:00 Uhr

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