Mit der Krone erbt Charles III auch den Titel «Defender of the Faith», Verteidiger des Glaubens. Gemeint ist der christliche Glaube. Den wolle er auch verteidigen, versicherte Charles III gleich in seiner ersten Fernsehansprache als König. Die Kirche von England bedeute ihm viel. Sie habe ihm zentrale Werte mitgegeben.
Doch erzkonservative Anglikaner haben Mühe mit dem toleranten König. Dieser steht nun voll und ganz für Inklusion ein: Erstmals in der Geschichte, nach 900 Jahren, werden Vertreterinnen und Vertreter anderer Kirchen und Religionen bei der Krönung mit in die Westminster Abbey einziehen.
König Charles’ Harmonielehre der Religionen
Dabei setzt sich Charles III schon lange für den interreligiösen Dialog ein. Er will auch die anderen Religionen beschützen und fördert interreligiöse Projekte.
2010 schrieb der König, mithilfe anderer, ein Buch namens «Harmony»: Alle Religionen würden denselben Ursprung haben, erklärt der britische König in diesem doch ziemlich esoterischen Buch.
Das sei Ketzerei, schimpften christliche Fundamentalisten. Rationalere Kritikerinnen halten den König schlicht für religiös versponnen.
König Charles’ griechisch-orthodoxe Verwandtschaft
Dabei hat König Charles III durchaus familiäre Beziehungen zur orthodoxen Kirche, etwa zur griechisch-orthodoxen: Ein Ahne väterlicherseits war der orthodoxe König Andreas von Griechenland. Dessen Tochter Alice von Griechenland war König Charles’ Grossmutter. Sie selbst fand im orthodoxen Klostergarten am Jerusalemer Ölberg ihre letzte Ruhe.
Von dort stammt auch das Öl für die Salbung der britischen Könige. Damit wurden einst die Könige Israels gesalbt. Geweiht wurde das heilige Salböl für Charles III vom griechisch-orthodoxen Patriarch Jerusalems, zusammen mit dem anglikanischen Ortskollegen.
Ein offener Erzbischof
So steckt der Krönungsgottesdienst voller christlich-biblischer Bezüge: Angefangen beim Salböl bis zum Reichsapfel mit Kreuz obenauf. Doch das scheint nichtchristliche Menschen nicht abzuschrecken. So kommt unter anderem der Oberrabbiner Sir Mirvin zur Krönung, trotz Schabbat.
Der leitende Liturg der Krönung, der Erzbischof von Canterbury, verteidigt die nichtchristlichen Gäste. Erzbischof Justin Welby ist sehr fromm, aber offen.
Schliesslich ist der Auftritt des Erzbischofs an der Krönung auch eine Chance, sich der Nation zu präsentieren: Nur noch 12 Prozent der Menschen beteiligen sich heute am anglikanischen Kirchenleben. Der Anteil Christen in Grossbritannien ist auf 46 Prozent gesunken. Niemals wieder werden dem anglikanischen Erzbischof so viele Menschen zuhören.
Diversität am Krönungsgottesdienst
Heuer dürfen also auch Hindus, Zoroaster, Jaina und Muslime die heiligen Krönungsrequisiten auf Samtkissen herbeitragen. Eine jüdische Baronin darf die Krönungsrobe bringen. Für diese Menschen ist es die grösste Ehre. Ihre Auftritte sollen die Diversität der britischen Gesellschaft abbilden.
Zu den hoch Dekorierten gehört auch der Sikh und Lord (Indarjit) Singh of Wimbledon, 90 Jahre alt. Er darf dem König den Krönungshandschuh reichen. Der «Times» sagte Lord Singh, es gehe darum, die «Gemeinsamkeit der Religionen» zu zeigen und «Mauern zwischen uns einzureissen».