Google, Facebook, Youtube, Twitter oder Instagram erhöhen ihre Attraktivität, indem sie journalistische Inhalte anzeigen – Schlagzeilen, Vorspann und Bilder. So generieren sie Klicks – und damit eine gute Umgebung für Werbekunden.
Das Problem: An den Erlösen sind die Verlage und Urheber nicht beteiligt, die diese attraktive Umgebung ermöglichen.
Neues Urheberrecht in der EU
Das Europäische Parlament in Strassburg hat am 29. März darum eine Urheberrechtsreform beschlossen, die unter anderem ein Leistungsschutzrecht vorsieht: Verleger sollen das alleinige Recht haben, ihre Produkte online zu verbreiten. Das kollidiert mit dem Geschäft der Tech-Giganten, mit ihren Suchmaschinen und «News»-Aggregatoren.
Die Internet-Hosting-Dienste müssten künftig Lizenzen lösen, um auf Artikel und Videos anderer Anbieter verweisen zu dürfen. Das klingt vernünftig, spaltet aber die Gemüter.
In der EU dürfte das Leistungsschutzrecht bald Realität sein. Nicht aber in der Schweiz.
Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerats hat eine solche Bestimmung wieder aus dem URG-Gesetzesentwurf gekippt. Weil sie sogar «kontraproduktiv» sein könnte, wie Kommissionspräsident Ruedi Noser (FDP) sagte.
Denn sie könnte dazu führen, dass die Internet-Plattformen gewisse Informationen nicht mehr anzeigen. Genau das geschah, als Spanien ein Leistungsschutzrecht einführte. Google stellte kurzerhand seinen News-Service ein.
Auch Deutschland kennt seit 2013 ein Leistungsschutzrecht. Doch der Aufwand, die Vergütungen einzuziehen, übersteigt den Ertrag. Die Regelung gilt als gescheitert.
Grosse Macht von Google
Ein Problem ist auch die marktbeherrschende Stellung von Google, sprich: die Furcht vor Vergeltungsmassnahmen. Bei Uneinigkeit über die Lizenzgebühren könnte der IT-Gigant Suchergebnisse unkooperativer Medienhäuser einfach ausblenden.
Wer bei einer Suchmaschinenabfrage nicht vorkommt, existiert nicht. Und gleichzeitig wird das Informationsangebot verringert.
Gleichwohl sieht nun die EU-Direktive zum Urheberrecht ein Leistungsschutzrecht vor. Wie sich dieses in die Praxis umsetzen lässt, wird zuerst Juristenfutter sein – und danach ein Problem.
Wo liegt die Verantwortung?
Gerne schieben die Tech-Firmen die Verantwortung auf die Nutzerinnen und Nutzer ab: Diese würden schliesslich die Inhalte hochladen, sie selbst stellten bloss die Plattformen dafür zur Verfügung.
So nehmen die IT-Plattformen ihre publizistische Verantwortung kaum wahr. Nicht nur in Sachen Urheberrecht, sondern etwa auch, wenn es um die Verbreitung von Hass-Sprache, von Antisemitismus und Extremismus aller Art geht.
Keine Zeitung, kein Sender könnte ungestraft solche Inhalte verbreiten. Zu Recht. Und die Strafbehörden machen nicht selten die Erfahrung, dass sie an Daten, die auf einem Server in Übersee liegen, nur schwer herankommen.
Was bedeutet freies Internet?
Was die Kritik an Regulierungen betrifft: Sich für ein freies Internet einzusetzen, ist das eine. Ob diese Freiheit aber mehr bedeutet, als völlige Freiheit für die Internetwirtschaft – diesen Gedanken hört man selten.
Bei der Regulierung des Internets gilt es abzuwägen zwischen unterschiedlichen Interessen. Was das Urheberrecht betrifft: Dieses geht zunächst die Urheberinnen und Urheber etwas an, die für wahre Arbeit wahren Lohn erhalten sollen.
Es geht die Verlage, Medienhäuser, Plattenfirmen, Filmproduktions-Unternehmen an, die Geld in Journalismus und kreative Projekte investieren.
Es geht die Konsumentinnen und Konsumenten an, die ebenfalls Rechtssicherheit brauchen, um zu wissen, was sie dürfen. Ob die Interessen der Aktionäre der marktbeherrschenden Konzerne der Leitfaden sein sollen, darüber muss die Gesellschaft dringend diskutieren.