Drei Stunden lang bin ich mit André Galli zu Fuss unterwegs, bis es dunkel ist. Auf unserem Nachtspaziergang zwischen Bern und Bremgarten schauen wir fasziniert nach oben zu Mond und Venus. Die mögen schön sein, dort oben ist es aber absolut lebensfeindlich, wie Galli erklärt: Er erforscht seit Jahrzehnten Himmelskörper und Sonnensystem.
Für den Weltraumphysiker von der Universität Bern sind christlicher Glaube und Faktentreue kein Widerspruch. Im Gegenteil. An Seminaren der Vereinigten Bibelgruppen erklärt er die Wechselwirkung von CO₂-Ausstoss und Klimaerwärmung.
Sein christlicher Umweltschutzverein «Grüner Fisch» bekämpft derweil schädliche Neophyten hierzulande. Zudem unterstützt er Menschen im globalen Süden, deren Leben durch die Klimakrise bedroht ist.
Die Zeit drängt
Christinnen und Christen aller Couleur, auch grüne «Fischlichristen», haben begriffen, wie bedrohlich der Klimawandel ist: «Die Zeit drängt, es sollen nicht noch mehr Menschen, Tiere und Pflanzen ihre Lebensgrundlage verlieren», erklärt der Wissenschaftler.
Also packen die rund 50 Aktiven vom «Grünen Fisch» selbst an: Sie sammeln Müll im Wald, renaturieren Bachläufe, helfen auf Biobauernhöfen im Emmental und halten die Moorwiese bei Bremgarten in Ordnung.
Zudem helfen die Vereinsmitglieder der Stadt Bern beim Entfernen von Neophyten. Jeder Umwelteinsatz gibt ihnen das Gefühl, selbst etwas für den Klimaschutz tun zu können.
Im Kampf mit dem Kraut
Auf der Nachtwanderung bei Bern findet André Galli einen Stängel invasives «Berufkraut» und reisst es aus.
Doch Achtung: Es sei matchentscheidend, diesen Neophyten zu verbrennen, respektive in den Hausmüll zu geben. Man dürfe ihn bloss nicht auf den Kompost werfen. Denn dadurch könnte sich das invasive Berufskraut munter weiter verbreiten.
Viele Neophyten verdrängen einheimische Arten und sind giftig für Tiere. So gehörten auch Kirschlorbeer oder Riesenbärenklau nicht in unsere Gärten, sondern in die Tonne. Dass solche teils bereits verbotenen Pflanzen weiterhin im Gartencenter verkauft werden, stört den christlichen Umweltschützer massiv.
Biodiversität ist Christenpflicht
Dabei hat der Naturwissenschaftler eine Engelsgeduld. Wieder und wieder erklärt er an Vorträgen und im Netz, wie Klimawandel funktioniert. Und was wir konkret dagegen tun können.
Der Uni-Dozent für Weltraumforschung scheut auch nicht die Diskussion mit Menschen, die glauben, die Erde sei eine Scheibe. Gegen Fundamentalistinnen und Fundamentalisten wie etwa die Kreationisten hat er treffliche Argumente, weil er beides kennt: die Bibel und die Natur.
So weist der Polarstern uns zwar auch heute Nacht den Weg. Orientierung, Sinn und Hoffnung aber schöpft der grüne Christ aus Gott. Der Naturwissenschaftler singt im Berner Münsterchor und ist aktiv in der freien Vineyard-Gemeinde.
Die Faszination für das Weltall hat seine Liebe zur Erde nur noch grösser gemacht. Und damit auch seine Sorge um die Schöpfung.