Nach jahrelangem Streit darüber, wie kritisch das Online-Portal kath.ch über die römisch-katholische Kirche berichten soll und darf, wurde am Donnerstag ein neuer Vorstand des Vereins Katholisches Medienzentrum gewählt – nachdem sämtliche Mitglieder des bisherigen Vorstands entweder zurückgetreten oder nicht mehr angetreten waren.
Einzelne Medien sprachen deshalb bereits von einer Art Coup der Kirchenoberen gegen kritische Stimmen. Nicht zuletzt deshalb, weil Medienbischof Josef Stübi erst kürzlich eine neue Co-Redaktionsleitung verhindert hatte.
Anhaltende Kritik
In den letzten Jahren ist kath.ch immer wieder mit Artikeln aufgefallen, die sich zum Beispiel positiv mit Homosexualität auseinandersetzen oder mit Frauen, die gerne Priesterinnen werden würden. Aber auch mit Recherchen zum fehlerhaften Umgang mit sexualisierter Gewalt in der römisch-katholischen Kirche. Das sorgte teils für Lob, viele Klicks, aber auch für Kritik. Die einen stiessen sich am Inhalt, anderen fanden, dass Boulevardjournalismus betrieben würde. Besonders die Bischöfe waren zunehmend unzufrieden mit der Berichterstattung.
Die Schweizerische Bischofskonferenz SBK sind mit dem Zusammenschluss der Landeskirchen, der RKZ, Geld- und Auftraggeberin des Katholischen Medienzentrums. Sie geben die Rahmenbedingungen für die Medienarbeit vor. Im Rahmenstatut steht unter anderem, dass ein kritischer und unabhängiger Journalismus gewünscht ist. Darauf beruft sich kath.ch auch stets, wenn es von den Bischöfen kritisiert wird.
Outsider als Chance
Einige Mitglieder des alten Vorstandes fühlten sich in diesem Frühjahr jedoch von kirchlicher Seite sabotiert. Ihr Wunschduo für die neue Chefredaktion wurde von Medienbischof Josef Stübi abgelehnt: Die kritische Journalistin Annalena Müller, die bereits bei kath.ch als Redaktorin arbeitete, wollte er nicht und bestätigte bloss den reformierten Christian Maurer als Chefredaktor. Daraufhin traten zwei Vorstandmitglieder zurück.
Bereits im Frühjahr suchte die RKZ nach neuen Vorstandsmitgliedern. In das neu geschaffene Co-Präsidium wurden schliesslich Markus Ries, emeritierter Theologieprofessor der Uni Luzern, und Livia Leykauf, Medienverantwortliche bei Caritas Schweiz, gewählt. Dazu kommen vier weitere Personen, die durchaus Erfahrung und Kompetenzen in den Bereich Kommunikation, Journalismus und Leadership mitbringen, etwa der ehemalige CEO von TeleBasel, Dominik Prétot. Alle neuen Mitglieder hatten bisher mit kath.ch im engeren Sinn nichts zu tun und sind unbefangen.
Krise muss begleitet werden
Das neue Co-Präsidium schrieb auf Anfrage von SRF: «Eine unbeeinflusste und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Redaktion, den Stakeholdern des Vereins, der RKZ und der Bischofskonferenz, ist uns wichtig.» Das ist als Vermittlungsversuch in der vertrackten Situation zu werten.
Völlig unabhängig war kath.ch nie, denn es ist und bleibt ein katholisches Medienzentrum. Dennoch ist man um kritischen Journalismus bemüht, der angesichts der aktuellen Krise der römisch-katholischen Kirche in der Schweiz dringend nötig ist.
In Bezug auf die Missbrauchsstudie, die seit letztem Herbst viele Spalten füllt, will auch der neue Vorstand eine kritische und differenzierte Berichterstattung. Ebenso sei eine konstruktive Auseinandersetzung mit SBK und RKZ wichtig. Es ist also davon auszugehen, dass der Journalismus von kath.ch kritisch bleibt, aber allenfalls weniger konfrontativ.