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Wahlkampf der Reformierten Gottfried Locher: «Bitte um Entschuldigung»

Der amtierende Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes Gottfried Locher nimmt die Gegenkandidatur von Rita Famos «sportlich» – und distanziert sich von einer früheren Aussage. Er hatte von einer angeblichen Verweiblichung der Kirche gesprochen.

Rita Famos‘ Ankündigung, in knapp zwei Wochen gegen Gottfried Locher anzutreten, hat den SEK-Präsidenten in den Ferien überrascht. Mittlerweile ist er nach Bern zurückgekehrt und äussert sich nun erstmals zur neuen Situation.

Er nehme die Konkurrenz sportlich, sagt Gottfried Locher – lässt aber auch durchblicken, dass ihn die späte Kandidatur etwas wundere.

Krise der Kirche

Zugleich sagt Locher: «Es ist richtig, dass Personen, die öffentlich Verantwortung übernehmen, auch kritisiert werden. Und klar geht’s auch um meine Person.»

Der SEK-Präsident weiss, dass er aneckt. Und er findet, dass die reformierte Kirche eine schwerwiegende Krise durchmache.

«Unsere Kirche verliert jedes Jahr unglaublich viele Leute. Es gibt Handlungsbedarf im grossen Stil», sagt Gottfried Locher. «Alle sind sehr willkommen, die gute Ideen haben.»

«Aussagen waren unglücklich»

Nun nimmt er Stellung zu seiner Aussage, die Kirche verweibliche aufgrund der vielen Pfarrerinnen: «Die Aussagen zur Feminisierung sind unglücklich gewesen. Ich bitte jene um Entschuldigung, die ich damit verletzt habe.»

«Das Thema, das ich ansprechen wollte, war die Frage, wie wir es schaffen, dass wir Berufsbilder für beide Geschlechter attraktiv behalten», sagt der 51-Jährige.

Audio
Gottfried Locher entschuldigt sich (Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Nachrichten, 5.6.2018, 16.30 Uhr)
00:29 min Bild: imago/epd
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«Ein Grund ist keine Rechtfertigung»

Auch zu anderen umstrittenen Aussagen nimmt der SEK-Chef Stellung – etwa zu seiner Äusserung, Prostituierte leisteten einen wichtigen Dienst für die Gesellschaft. «Wir müssen unheilige Realitäten ansprechen, bevor wir über den Heiligen Geist sprechen. Wir leben in einer Welt, in der vieles unschön, hässlich und gefährlich ist», sagt Gottfried Locher.

Prostitution führe zu grossem Leid. «Ich habe versucht, in meinen Worten darzustellen, warum es diese Realität gibt. Ein Grund ist noch lange keine Rechtfertigung», sagt Gottfried Locher.

Auf zwei Seiten hätte er das ausgeführt. Nun aber würden einzelne Sätze herausgepickt und gegen ihn verwendet, kritisiert der SEK-Präsident.

Keine Wahlkampftaktik

Doch meint der 51-Jährige das wirklich so – oder sind die konzilianten Aussagen Wahlkampftaktik? Gottfried Locher sagt, er habe das schon früher so klargestellt.

Ihm sei es wichtig, Klartext zu reden. Und sich nicht nur zu theologischen, sondern auch zu gesellschaftlichen Fragen zu äussern.

Auch wirbt Gottfried Locher für die neue Kirchenverfassung, die dieses Jahr verabschiedet werden soll. Aus dem Kirchenbund soll die Evangelisch-Reformierte Kirche Schweiz werden. Der SEK-Präsident erhofft sich dadurch nicht nur bessere Strukturen – sondern auch ein besseres Angebot für die Gläubigen.

Medien-Duell unerwünscht

Gottfried Locher würde die Verfassungsreform gerne umsetzen. Freilich sei es Sache der Abgeordneten zu entscheiden, wer «der richtige Mann oder die richtige Frau» dafür sei.

Auf ein direktes mediales Duell mit Rita Famos will Gottfried Locher aber verzichten: «Jetzt geht es darum, dass wir beide in dieser kurzen Zeit unser eigenes Profil darstellen können.»

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Nachrichten, 5.6.2018, 16.30 Uhr

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