Dietrich Grönemeyer – der Bruder des bekannten Musikers – ist um die halbe Welt gereist, um alternative Heilmethoden kennen zu lernen. In seinem Buch «Weltmedizin» stellt er sie anekdotenreich vor.
Grönemeyer gibt Beschreibungen der verschiedenen Techniken und Therapien. Jede Textzeile atmet dabei seine Überzeugung: Die Schulmedizin ist zu arrogant, alternative Heilmethoden können ebenso gut sein.
«Wer heilt, hat recht»
«Es sollte alles wissenschaftlich untersucht werden», sagt Grönemeyer. Auch Voodoo. «Wir sollen kritisch versuchen herauszufinden: Was können wir lernen?»
Das gelte für Naturheilkunde ebenso wie für jene, die Wissenschaft ablehnen. «Mir geht es darum, dass beide Seiten sich öffnen.» Nur eines gehe nicht: einfach zu behaupten.
«Wer heilt, hat recht» sagt der Volksmund. Will heissen: Es ist egal, ob Schamanismus, Schröpfen oder Schulmedizin zum Erfolg führen. Entscheidend ist das Resultat.
Grenzen der Gleichberechtigung
Anders sieht das Natalie Grams. Sie ist Ärztin und Homöopathin, von der Homöopathie hat sie sich abgewendet.
«Man muss nachweisen können, dass man ursächlich für die Heilung verantwortlich war. Das können die meisten Methoden der Alternativmedizin nicht», sagt sie.
Grönemeyers Ansatz der Gleichberechtigung aller Heilmethoden sei deshalb falsch. Durch Bücher «Weltmedizin» werde der Graben zwischen Schul- und Alternativmedizin noch tiefer getreten.
Zuhören lernen
Es entstehe ein Bild einer Schulmedizin, die sich gegenüber allem verschliessen würde, was irgendwie andersartig sei. Der es nur um Profit und nicht um die Gesundheit gehe, und deren Medikamente nur Nebenwirkungen hätten. «Ich finde, solche Bücher tragen dazu bei, solche Vorurteile zu zementieren.»
Hier widerspricht Grönemeyer Grams: Sie würde so die Schulmedizin als alternativlos darstellen. Er dagegen wolle das Fenster zu den alternativen Heilmethoden öffnen: «Was wir in der Medizin wieder lernen müssen, ist zuhören.»
Es gebe Statistiken in Deutschland, laut denen Patienten bei Arztgesprächen durchschnittlich nach 18 Sekunden unterbrochen würden, das Gespräch nach zwei Minuten verlassen würden und nach sieben Minuten die Praxis.
Dabei wisse der Patient gar nicht, was er habe, welches Medikament er bekomme und wie es wirke. «Ich will es aber wissen. Ganzheitlichkeit bedeutet für mich, mich in meinem Denken und Fühlen wohlzufühlen.»
Ganzheitlichkeit: Wellness oder Therapie
Das Gespräch zwischen Ärztin und Patient ist auch für Natalie Grams wichtig. Doch mit Grönemeyers Begriff der Ganzheitlichkeit kann sie nicht viel anfangen. Das habe mehr mit Wellness zu tun als mit Medizin.
Viel von Grönemeyers Argumentation ziele darauf ab, zu sagen, dass es mehr gebe als den Körper. Dass der Mensch keine rein materielle Maschine sei. «Die Medizin kümmert sich um diesen Forschungsbereich aber schon sehr intensiv und seit vielen Jahren.»
Grönemeyer und Grams blicken beide von unterschiedlichen Seiten auf die Medizin. Grams als Skeptikerin, der alles Esoterische widerstrebt und die für jede Methode Nachweisbarkeit der Heilwirkung fordert.
Dietrich Grönemeyer als Verfechter der Weltmedizin, dem jedes Mittel Recht ist, das den Menschen hilft – und sei es ein Amulett.