Diese Nachricht löste sofort Proteste aus: 1988 wurde bekannt, dass Wolfgang Haas Bischof von Chur werden soll. Daraufhin protestierten Gläubige mit Transparenten. Auf einem stand «Wolf gang!», auf einem anderen «Bisch off».
Demonstrierende sagten, sie wollten mehr Demokratie in der römisch-katholischen Kirche oder mehr Rechte für Frauen.
Angefangen hatte alles damit, dass Papst Johannes Paul II. Wolfgang Haas zum Weihbischof mit «Nachfolgerecht» ernannte. Was harmlos klingt, war eine päpstliche Kampfansage ans Bistum Chur. Denn dieses verfügt über ein verbrieftes Mitspracherecht bei der Wahl seines Bischofs. Genau das hatte der mittlerweile heiliggesprochene Papst ausgehebelt.
Auf beiden Ohren taub
Trotz heftiger Proteste wurde Haas Bischof – und machte sich daran, seine erzkonservativen Ansichten durchzusetzen. Auf Wünsche der Kirchenbasis – etwa für mehr Rechte für Frauen, für Mitbestimmung oder einen stärkeren Einbezug von Laien – ging Haas nicht ein.
Seinen Kritikerinnen und Kritikern antwortete der Bischof in einem Interview mit SRF im Jahr 1990: «Es wird sicherlich einige Mühe kosten, diese Menschen zu gewinnen – wenn es überhaupt gelingen soll. Aber ich vertraue dabei fest auf die Gnade Gottes.»
Donnerschlag aus dem Vatikan
Es gelang Haas nicht, das Vertrauen zu gewinnen. Im Gegenteil: Es entwickelte sich ein heftiger Bistumsstreit, auf dessen Höhepunkt sich Zürcher Katholikinnen und Katholiken weigerten, Gelder aus der Kirchensteuer nach Chur zu überweisen.
1997 folgte dann aus Rom der Donnerschlag: Haas musste gehen. Damit der Papst und sein Bischof ihr Gesicht nicht ganz verloren, wurde Haas formal befördert – ins Erzbistum Vaduz, das man freilich erst erschaffen musste.
Erzbischof wider den Zeitgeist
Der Streit verlagerte sich nun ins Fürstentum, obschon der Erzbischof beteuerte, er wolle ein Herz-Bischof sein. Doch das war er nie. Anfänglich ging Wolfgang Haas noch unter die Leute, etwa wenn er am liechtensteinischen Staatsfeiertag auf der Schlosswiese die Feldmesse hielt.
2011 führte Liechtenstein gleichgeschlechtliche Partnerschaften ein. Haas war strikt dagegen. Von da an blieb er der Feldmesse am Staatsfeiertag fern. Er kapselte sich ab, in einer immer kleiner werdenden Welt.
Geld als «Dämon»
Trotzdem hatte er wie schon in Chur auch in Liechtenstein Anhängerinnen und Anhänger. Viele waren es nie. Aber sie schätzten es, dass sich der in prunkvolle Gewänder gekleidete Erzbischof gegen den Zeitgeist stemmte.
Zum Beispiel in einer Predigt 2010, auf dem Höhepunkt der Liechtensteiner Finanzaffäre: «Alles Gott zur Ehre, alles Gott zuliebe. Bitte nicht: alles dem Mammon zur Ehre und alles dem Mammon zuliebe, also alles diesem Götzen und Dämon zur Ehre.»
Haas bezeichnete das Geld als «Götzen» und «Dämon». Im Land der vielen Banken, Stiftungen und Treuhandgesellschaften war diese Predigt ein starkes Stück.
Eine zweifelhafte Hinterlassenschaft
Noch stärker in Erinnerung wird aber seine Personalpolitik bleiben. Liechtenstein hat nur zehn Pfarreien. Doch Haas hat Dutzende Priester eingesetzt oder geweiht. Oft fielen sie wegen erzkonservativer Ansichten auf. Bei einem von Haas berufenen Pfarrer fanden die Behörden Hitlers «Mein Kampf» und Kinderpornografie.
Viele dieser Priester werden auch nach Haas' Pensionierung aktiv bleiben. Sie sind seine eigentliche Hinterlassenschaft.