Albumtipp
New Yorks Indie Rock-Export #1: Die Taufpaten fürs fünfte Album von Vampire Weekend? The Smiths, Black Sabbath, Rage Against the Machine und der Wu-Tang-Clan. Diese kaum unter einen gemeinsamen Hut zu bringenden Einflüsse waren jedoch vor allem spiritueller und nicht etwa musikalischer Art, wie Sänger Ezra Koenig im Interview verrät. Sonst bietet «Only God Was Above Us» nämlich genau das, was man von einem neuen Album von New Yorks Indie Rock-Export #1 erhofft: messerscharfes Songwriting irgendwo zwischen Indie- und Afro-Pop. Grossartig! (Luca Bruno)
Kinotipp
Bedächtige Naturparabel: In einem idyllischen Dorf zwischen bewaldeten Hügeln lebt der Witwer Takumi mit seiner Tochter Hana. Das Leben ist bedächtig, das Wasser so sauber, dass es aus der örtlichen Quelle geschöpft werden kann, im Wald wächst wilder Wasabi und die Menschen sind freundlich und hilfsbereit. Doch das ökologische Gleichgewicht des Dorfes gerät aus den Fugen, als eine Firma aus Tokio einen Glampingplatz für gestresste Städter im Dorf anlegen möchte. «Evil Does Not Exist» ist eine bedächtige Naturparabel, eine akkurate Sozialstudie und ein magisch-realistisches Filmpoem in einem, mit grossartiger Musik und wunderschönen Bildern. (Brigitte Häring)
Ausstellungstipp
Surreale Spiellust: Die Surrealisten spielten gern. Nicht nur zum Spass. Im Spiel suchten sie einen neuen Zugang zur Kreativität, Kontakt zum Zufall, aber auch metaphysische Erkenntnisse. In diesem Jahr wird das 100-Jahr-Jubiläum des Surrealismus gefeiert. Das Musée Cantonale des Beaux Arts in Lausanne feiert mit und widmet der Spiellust der Surrealisten eine umfangreiche Ausstellung. Im Zentrum stehen dabei nicht die grossen Namen, sondern die Wiederentdeckung bisher wenig bekannter Künstlerinnen und Künstler. (Alice Henkes)
Bühnentipp
Schlicht herausragend: Es war kühn von Pierre Audi, 2019 seine Intendanz am Opernfestival in Aix-en-Provence mit einer szenischen Produktion von W. A. Mozarts Requiem zu beginnen. Aber sein Mut zahlte sich aus, ihm gelang damit ein veritabler Coup als Einstand. Die assoziationsreiche und bildgewaltige Inszenierung des Regiestars Romeo Castellucci führt dem Publikum gleichzeitig ein Tableau der Vergänglichkeit sowie einen Tanz des Lebens vor: Die Sängerinnen und Sänger singen und tanzen, während im Hintergrund an bereits ausgelöschte Kulturen und Spezies erinnert wird und wir uns schliesslich mit unserer eigenen Vergänglichkeit konfrontiert sehen. (Moritz Weber)
Literaturtipp
Neuanfang: Nach dem Tod des Vaters fragt sich die Ich-Erzählerin Rosa: Was bleibt nun von meiner Familie? Die Mutter ist schon vor Jahren verstorben, den Kontakt zur Schwester hat sie abgebrochen. Deshalb versucht Rosa versucht, ihre Familiengeschichte zu rekonstruieren – daher auch der Titel des Romans: «Nochmal von vorne». Die Autorin, Dana von Suffrin, schreibt in einem leichtfüssigen, angenehm uneitlen Stil. Sie streut in diese schwere deutsch-jüdische Familiengeschichte stets auch eine Prise Humor. (Katja Schönherr)