Die Performance war farbenfroh: Die Besucherinnen und Besucher wurden gebeten, ihre buntesten Badekleider anzuziehen. Doch es sollte nicht nur Spass machen.
Die Aktion im Berner Hallenbad Hirschengraben sollte zum Schutz von Korallen aufrufen. Denn als Pipilotti Rist vor zwei Jahren im Rahmen eines Kunstprojekts am Roten Meer war, stellte sie fest, dass unter der Wasseroberfläche alles grau und tot war.
Die Organisation als Verstärker?
Sie spannte mit dem WWF zusammen, um ihre Korallen-Performance gross herauszubringen. Schnappt sich da eine Umwelt-Organisation eine berühmte Künstlerin, um Werbung mit ihr zu machen? Oder nutzt Pipilotti Rist den WWF als Verstärker?
Sie habe über diese Punkte nachgedacht, sagt Pipilotti Rist am Telefon. Sie werde oft für Werbung angefragt:«Zum Beispiel von Prada, um eine Reklame für ihr Parfüm zu machen. Ich muss oder will meistens nein sagen. Ich wollte aus dieser Defensive rauskommen und aktiv meine Hilfe anbieten – für etwas, das mir wichtig ist.»
Der WWF sei ihr wichtig: Pipilotti Rist ist seit vielen Jahren Mitglied der Umwelt-Organisation. Sie betont: «Ich selber bin auf den WWF zugegangen und habe meine Hilfe angeboten. Mir ist es wichtig, dass der WWF damit Informationen weitergeben kann.»
Hoffnung auf neue Reichweite
Der WWF hat im Hallenbad Informationen über das Korallensterben und über seine Aktivitäten verteilt. War die Kunstperformance also ein Werbe-Event? Thomas Vellacott, CEO bei WWF Schweiz, verneint: «Es geht uns nicht darum, wie berühmt eine Person ist. Es geht uns darum, wie stark sich ein Mensch engagieren will.»
Ganz unwichtig sei die Bekanntheit Pipilotto Rists allerdings nicht, gibt Thomas Vellacott zu: «Es hat eine Ausstrahlung. Uns ist wichtig, dass sich möglichst viele Leute mit diesem Thema auseinandersetzen. Und sich überlegen: ‹Was heisst das für mich? Wie kann ich einen Beitrag leisten?› Wir hoffen, dass über einen Anlass wie diesen ein Publikum angesprochen wird, das sich noch nicht mit diesen Themen auseinandergesetzt hat.»
Forderung nach Einmischung
Dennoch stellt sich die Frage: Ist das jetzt Instrumentalisierung von Kunst? Oder ist es eine gelungene Symbiose, bei der es um eine gute Sache geht?
In den letzten Jahren wurde immer wieder der Ruf laut, Kulturschaffende sollten wieder deutlicher Position beziehen - in Fragen der Politik, der Gesellschaft, der Umwelt.
Kunst soll endlich wieder rauskommen aus der Ecke selbstgenügsamer Kunstgeschichts-Reflexionen. Aber wenn dann eine Künstlerin wie Pipilotti Rist gemeinsam mit einer Organisation wie dem WWF ins Schwimmbecken steigt, dann löst das Irritation aus.
Sorge um Unabhängigkeit
Wir haben uns in den letzten Jahrzehnten daran gewöhnt, Künstlerinnen und Künstler als manchmal kluge, manchmal nervige, manchmal unterhaltsame, immer aber unabhängigen Beobachter des Weltgetriebes zu sehen.
Die Unabhängigkeit war dabei immer sehr wichtig. Und die lässt sich nur schwer mit Kooperationen vereinbaren. Gutes zu tun, ist also gar nicht so einfach. Auch nicht in der Kunst.