Was für ein Kontrast: Ein Film zeigt ein brennendes Schiff auf dem offenen Wasser. Vor der Leinwand stehen Sammlerin und Sammler, ein Cüpli in der Hand. Das wandfüllende Video des algerischen Künstler Adel Abdessemed steht am Start der Art Unlimited. Es ist eine starke Metapher für die Nöte Flüchtender, für Umweltprobleme, Kriege und andere brennende Zeitfragen.
Dass sich die Gäste vor diesem Video versammeln, ist typisch für die Art Basel. An der Kunstmesse trafen schon immer engagierte Kunst und gewinnorientierter Kunstmarkt direkt aufeinander. Die Art Unlimited ist dabei der Ort für Kunst der Superlative. Hier gibt es Grossformatiges fürs breite Publikum.
Beziehungstheater und Film-Demontage
In diesem Jahr wurde die Art Unlimited zum dritten Mal von Giovanni Carmine kuratiert, dem Leiter der Kunst Halle St. Gallen. Die kritische Auseinandersetzung mit der Gegenwart spielt 2023 eine sichtbare Rolle. Viele der gezeigten Werke stammen von Künstlerinnen und Künstler mit afrikanischen Wurzeln und beschäftigen sich mit Fragen zu Rassismus und Kolonialismus.
Dabei ist die Bandbreite gross. Lubaina Himid hinterfragt Machtfragen in traditionellen Partnerbeziehungen. Die in Nordengland lebende Künstlerin aus Sansibar kommt ursprünglich vom Theater. Das sieht man ihrer Arbeit an, die an eine Bühnenszenerie erinnert.
Der US-amerikanische Künstler Adam Pendleton setzt sich mit den Debatten um ein Reiterstandbild des Südstaaten-Generals Robert E. Lee in Virginia auseinander. Sein Video ist eine Art filmische Demontage Lees, mit schnellen, aggressiven Schnitten und lauter, harter Musik.
Trainieren mit antiker Kunst?
Gegründet wurde die Art Unlimited 1999, um grossformatige Kunstwerke präsentieren zu können – und einen weiteren Anreiz fürs Publikum zu bieten. Allerdings brillieren viele Grossformate vor allem als Einzelstücke. Die Kombination mit anderen Werken ist schwierig.
In der Art Unlimited gibt’s dennoch ein paar gelungene Kombinationen: Ein grosses silbernes Schiff von Jean-Marie Appriou vor einem Nachbau von Ruinen, die vor Haiti am Meeresgrund liegen. Diese Arbeit stammt von Firelei Báez. Die Objekte haben wenig miteinander zu tun, passen aber optisch gut zueinander.
Nichts ganz so passend: Gleich nebenan hat Augustas Serapinas ein Fitnessstudio installiert, in dem antike Skulpturen die Gewichte an den Hanteln ersetzen. Das soll wohl eine Verbindung von Körper und Geist symbolisieren, wirkt aber unfreiwillig komisch.
Erhellende Erlebnisse
Der venezolanische Op-Art-Künstler Carlos Cruz-Diez hat Installationen geschaffen, in denen ganze Räume durch bewegliche Lichtstreifen in Bewegung geraten. In seiner Koje taucht man buchstäblich in eine andere Welt.
Wenn man diese verlässt, steht man vor den «Light Steps» der österreichischen Künstlerin Brigitte Kowanz – eine Treppe aus schräg hintereinander gehängten Leuchtröhren. Das ist ganz einfach und gerade deswegen einfach gut.
Ein Highlight ist auch das Video «Doors» von Christian Marclay. Der in den USA lebende Auslandsschweizer fasziniert seit Jahren mit Videos, für die er Filmszenen ausschneidet und neu montiert. In dieser Arbeit sind es Türen, die geöffnet und geschlossen werden. Klingt simpel, ist aber witzig und intelligent. Schliesslich soll die Kunst ja auch Türen in neue Erfahrungsräume öffnen.