Das Porträt auf dem Plakat zur Ausstellung «Black Art Matters» erinnert an einen Schattenriss: Man sieht fast nur die Konturen, eine ausladende Afrofrisur und die Schulterpartie. Zwar zeichnen sich im Gesicht fein die Nase und der Mund ab. Die Augen aber sind im dunklen Bild verborgen.
Die Fotografie stammt vom amerikanischen Künstler Shawn Theodore. Das Rätselhafte dieses Bildes fasziniert Marieta Kiptalam Chemeli, die Co-Organisatorin der Ausstellung: «Ich möchte die ganze Zeit sehen, wie diese Person aussieht, aber ich kann nicht. Es ist so mystisch, so stark. Das Bild anzusehen, gibt mir Kraft.»
Nicht so politisch wie es klingt
«Black Art Matters»: Der Name der Ausstellung in der Maag Halle klingt kämpferisch, politisch – wie eine künstlerische Fortsetzung der «Black Lives Matter»-Proteste.
Marieta Kiptalam Chemeli winkt ab: «Die Ausstellung ist vorher entstanden. Ich wollte etwas mit schwarze, kreative Menschen machen, ein positives Statement schaffen, überhaupt nichts Politisches.»
Michel Pernet, der als Produzent von «Foto Schweiz» die Ausstellungen organisiert hat, ergänzt: Sie hätten bereits im Herbst letzten Jahres die Idee einer Plattform für kreative, schwarze Leute gehabt. Zusammen gründeten die beiden die Kunst-Plattform «Black Culture Movement».
Keine inhaltlichen Vorgaben
Nach einer ersten kleineren Ausstellung Anfang Jahr im Rahmen der «Foto Schweiz» in Zürich ist «Black Art Matters» bereits die zweite Präsentation, die schwarzen Fotografinnen und Fotografen eine Bühne bietet.
Inhaltlich hätten sie nichts vorgegeben, betont Michel Pernet: «Es war unsere Absicht, als Veranstaltungsmacher keine Position darzustellen, wie es vielleicht ein Museum macht. Wir überlassen die Positionen den 73 Fotografen und Fotografinnen.»
Einzige Vorgabe: Es mussten aktuelle Werke sein, nicht älter als ein Jahr. Dass so auch Bilder von «Black Lives Matter»-Protesten Teil der Ausstellung sind, versteht sich von selbst.
Die ganze Breite von Black Art
«Aus meiner Sicht ist überraschend, dass das Politische in der Kunst einen viel kleineren Stellenwert hat als in der öffentlichen Diskussion. Das Spektrum von Black Art ist sehr, sehr viel breiter als Fotos von Demonstrationen», so Pernet.
Diese künstlerische Breite aufzuzeigen gelingt der Ausstellung bestens. Schon nur die besondere Art, wie die Fotografien präsentiert werden, trägt dazu bei: Sie hängen nicht an Stellwänden, sondern sind auf grossen weissen Styroporwürfeln aufgelegt.
So entsteht eine offene Atmosphäre, die die unterschiedlichen Genres miteinander verbindet: Reportagefotos liegen neben Gruppenbildern, Schwarzweiss- neben Farbfotografien.
Ausdrucksstark zum Beispiel die Porträts der Zuger Fotografin Nora Nussbaumer, die wie eindringliche Charakterstudien wirken. Unweit davon liegen farblich fein komponierte Modebilder von Marc Posso aus Gabun: Frauen in gelben Kleidern, in sandfarbener Umgebung.
Mehr Sichtbarkeit schaffen
Auch wenn die Auswahl manchmal etwas beliebig wirkt: Die Ausstellung gibt einen wertvollen Einblick in die Vielfalt der schwarzen Fotografiekunst.
Das sei auch für die Kunstschaffenden selbst wichtig, sagt Initiantin Marieta Kiptalam Chemeli: «Einfach Anerkennung zu kriegen. Denn wenn du nicht Tina Turner oder Michael Jackson bist, einen grosse Namen hast, hast du es wirklich schwer.»
Sie kenne sehr viele schwarze Fotografen und Künstlerinnen, die kämpfen müssten, dass man ihre Kunst überhaupt wahrnimmt. Damit formuliert sie mit ihrer Ausstellung, die sie nicht politisch sehen will, zumindest ein kulturpolitisches Anliegen.