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Einer vom alten Schlag: Designer Giorgio Armani wird 90
Aus Kultur-Aktualität vom 11.07.2024. Bild: Stephane Cardinale - Corbis/Corbis via Getty Images
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Giorgio Armani wird 90 «Armani ist besessen von Arbeit»

Experten schätzen den Wert seines Mode-Imperiums auf 10 Milliarden Euro. Designer Giorgio Armani ist CEO und alleiniger Besitzer des Unternehmens – mit 90 Jahren. Welcher Schlag Designer ist er? Wir haben nachgefragt, bei Silke Wichert, Modekritikerin der Süddeutschen Zeitung.

Silke Wichert

Journalistin und Modeexpertin

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Silke Wichert, geboren 1977, studierte Film- und Fernsehwissenschaften in Bochum und besuchte die Axel-Springer-Journalistenschule in Berlin. Als freie Journalistin und Autorin schreibt sie für die SZ und NZZ über Mode- und Gesellschaftsthemen.

SRF: Was für ein Mensch ist Giorgio Armani?

Silke Wichert: Was ihn auf jeden Fall charakterisiert: Er ist ein absolutes Arbeitstier. Wahnsinnig diszipliniert, immer als erster im Studio und bei jeder Anprobe dabei.

Er ist immer noch enorm akribisch und sehr detailversessen.

Ein ehemaliger Mitarbeiter von ihm hat mir erzählt, dass er vor ein paar Jahren im strömenden Regen draussen auf der Via Monte Napoleone vorm Armani-Laden stand, um die Position der Schaufensterpuppen zu dirigieren. Er ist also immer noch enorm akribisch und sehr detailversessen.

Was hat ihn denn so berühmt gemacht? Wie würden Sie seinen Stil beschreiben?

Sein Credo ist eigentlich bis heute: simple Eleganz, also eine sehr unangestrengte Eleganz. Als er Mitte der 1970er-Jahre anfing, gab es das noch nicht so richtig. Anzüge waren damals noch fast wie «Schrankjacken» mit dicken Schulterpolstern, alles sehr steif.

Seine Schnitte sind unglaublich präzise.

Im Grunde ist sein grosser Verdienst, dass er das Jackett, vor allem bei Männern, entschlackt hat. Dadurch, dass er immer wahnsinnig gute Stoffe – vor allem leichte Stoffe – benutzt hat, und seine Schnitte unglaublich präzise waren, funktionierte das dann auch mit wenig Futter. Die Anzüge fielen dadurch viel leichter, viel lässiger. Das war damals neu und trägt bis heute seine Handschrift.

Das hat dann auch dafür gesorgt, dass auch Frauen diese Sachen tragen wollten, oder?

Sagen wir mal so: Der Posterboy von Armani war damals Richard Gere in American Gigolo. Der hat wahrscheinlich den Anzug dann noch mal richtig berühmt gemacht. Das sah einfach so cool und unangestrengt aus, dass Frauen, gerade bei der Arbeit, auch sagten: «Das will ich auch!» Armani hat dann relativ früh fast die gleichen Schnitte auch für Frauen angeboten.

Mann im Anzug, lehnt sich an ein Auto.
Legende: Ein Mann, ein Anzug: Richard Gere im Film American Gigolo (1980). IMAGO / Cinema Publishers Collection

Heute hat man das Gefühl, dass das Label schon mal bessere Zeiten gesehen hat. Woran liegt das?

Ein grosser Vorteil von ihm ist, dass er sich immer treu geblieben ist. Armani wollte nie mit Trends gehen, das hat er immer gesagt. Natürlich hat er Sachen verändert: Er war zum Beispiel 1981 der Erste, der eine günstigere Zweitlinie, also «Emporio Armani» eingeführt hat. Er ist geschäftlich schon immer auf dem Laufenden geblieben. Aber was seine Mode angeht, da will er nicht zu viel verändern.

Es bleibt immer durch und durch Armani. Und das ist in einem schnelllebigen Geschäft wie der Mode natürlich für manche ein bisschen langweilig.

Mit 75 Jahren soll Giorgio Armani gesagt haben, es sei lächerlich, mit 85 noch Chef zu sein. Heute wird er 90. Armani ist anscheinend einer von denen, die nicht loslassen können. Wieso gibt es das gerade in der Mode so häufig?

In der Mode kann man nicht einfach mal eine Saison überspringen: Aus diesem Hamsterrad irgendwann freiwillig auszusteigen, das schaffen die wenigsten. Armani ist besessen von Arbeit. Es ist sein Lebenswerk. Da steht sein Name drauf. Bei vielen anderen Designern auch. Da sieht man, wenn nicht ganz klare Erben im Familienunternehmen sind. Bei Armani gäbe es seine Nichte und enge Vertraute – aber die Nachfolge ist nicht so klar geregelt, wie bei anderen Familienunternehmen. Dann fällt der Absprung schwer.

Das Gespräch führte Katharina Brierley.

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