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Herzog & de Meuron in der Londoner Royal Academy of Arts
Aus Tagesschau vom 13.07.2023.
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Grosse Werkschau Einmaligkeit im Quadrat: London feiert Herzog & de Meuron

Jedes Projekt ein Unikat? Die Royal Academy of Arts will wissen, was das Basler Architektur-Büro von Weltrang ausmacht.

«Sie sind immer wieder für eine Überraschung gut», sagt Vicky Richardson. Die Architekturexpertin hat in der Royal Academy of Arts eine Werkschau über das Basler Architekturbüro Herzog-&-de-Meuron kuratiert.

Zwei Jahre arbeitete Richardson an der Ausstellung und stand daher in regem Austausch mit dem Basler Duo. «Keines ihrer Bauwerke gleicht einem andern. Das macht ihre Arbeiten so spannend. Man weiss nie, was als nächstes kommt.»

Modernes Hochhaus aus Glaskuben, die ineinander verschachtelt sind. Davor eine viel befahrene Strassenkreuzung.
Legende: Basel, Peking, New York: Überall findet man einen Herzog & de Meuron. Doch überall sieht er anders aus. Hier das Hochhaus 56 Leonard Street von 2017. Getty Images/Roy Rochlin

Die Londoner Ausstellung behandelt drei Themen. Das Schaffen von Herzog & de Meuron im Wandel der Zeit. Wie erlebt man ein Bauwerk? Und worauf kommt es beim Bau eines Spitals an? Letzteres zeigt sich am Beispiel des Zürcher Kinderspitals, das 2024 fertig werden soll.

Vom Architekten-Duo zum Weltkonzern

Jacques Herzog und Pierre de Meuron begannen 1978 zu zweit, mit dem Ausbau eines Dachgeschosses im Basler Vorort Riehen.

45 Jahre später ist ihr Büro längst ein internationaler Architekturkonzern mit rund 600 Mitarbeitenden, die Kulturbauten, Stadien, Lagerhäuser, Bürotürme, Schulen, Spitäler oder Privathäuser neu- oder umbauen. Ihre Projektliste ist inzwischen auf 597 angewachsen.

Eine Vielfalt von Bauwerken, die ihresgleichen sucht. Und doch erkennt Architekturexpertin Richardson einen roten Faden: «Sie schauen auf die Welt, die uns umgibt und auf den Kontext, in dem ein Projekt angesiedelt wird – und fragen, wie Architektur auf die dortigen Herausforderungen antworten kann.»

Kein Copy-and-Paste also, keine wiederkehrenden Stil-Elemente. Im Gegenteil: Bei Herzog & de Meuron ist jedes Projekt ein Unikat – von der optischen Erscheinung bis zu den verwendeten Materialien.

Ein mit weissen Lamellen beschichteter Dachbau, der ein ca. 30 Meter grosses Loch nach oben hin ausweist.
Legende: Herzog & de Meuron lassen tief blicken: das Portfolio der Schweizer Star-Architekten umfasst über 600 Projekte. Eines davon: die weisse Lamellen-Fassade der Messe Basel, 2013 errichtet. KEYSTONE/Gaetan Bally

«Sie arbeiten wie Archäologen, wenn sie einen möglichen Bauplatz begutachten», sagt Richardson. «Was war dort früher, was steht heute dort und was kann in die Zukunft mitgenommen werden?»

Ständige Suche nach Sinn und Substanz

«Ich versuche bis heute herauszufinden, was Architektur ist», schreibt Jacques Herzog im Buch, das gemeinsam mit der Ausstellung von der Royal Academy of Arts herausgegeben wird.

Herzog ergänzt: «In der Vergangenheit wurde Architektur als Disziplin definiert. Unser Werk basiert auf dieser Unsicherheit und sucht auf experimentelle Weise zu ergründen, was Architektur sein könnte.»

Drei Männer mittleren Alters stehen in legerer Kleidung auf einer Baustelle. Im Hintergrund zu sehen ein Stadion.
Legende: Die drei von der Baustelle: Jacques Herzog und Pierre de Meuron treffen den Regimekritiker und Künstler Ai Weiwei um 2008 vor dem Olympiastadion in Peking, einem Prestigebau für das chinesische Regime. Imago/Columbus Film/Courtesy Everett Collection

Von aussen betrachtet, erkennt Richardson eine weitere Gemeinsamkeit aller  Arbeiten: «In ihren Gebäuden bekommen die Nutzenden eine Bühne, um sich zu entfalten. Projekte gelten bei Herzog & de Meuron erst als abgeschlossen, wenn die Gebäude von den Menschen seit einiger Zeit genutzt werden und sich bewähren konnten.»

Nützlich und schön zugleich

Ein 680-Millionen-Franken teures Grossprojekt der Architekten steht kurz vor der Vollendung: das Universitäts-Kinderspital Zürich. In der Londoner Ausstellung bildet es einen von drei Schwerpunkten. Auch hier stehen die künftigen Nutzenden im Zentrum: Kinder.  

Innenhof eines kreisrunden Gebäudes mit Holzverkleidung. In der Mitte eine begrünte Fläche,
Legende: Innenhof des projektierten Kinderspitals Zürich. Der Spatenstich für das neue Kinderspital erfolgte 2018. Der 680 Millionen Franken teure Bau soll 2024 eröffnet werden.  KEYSTONE/KISPI/HERZOG UND DE MEURON

«Es muss in den Proportionen noch etwas bewusster, kleiner sein als herkömmliche, grosse Spitäler», erklärt Jacques Herzog vor Baubeginn 2018 gegenüber SRF, «damit sich Kinder darin nicht verloren fühlen.»

Das sei den Architekten gelungen, lobt Richardson: «Sie machen vor, dass sogar ein technisch hochkomplexes Gebäude wie ein Kinderspital schön sein kann – und schön sein sollte: In einer schönen Umgebung fühlen sich Menschen besser, was den Heilungsprozess beschleunigen kann.»

Herzog & de Meuron und London

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Legende: IMAGO/agefotostock
  • Warum mit der Tate die Zukunft kam

London ist für das Basler Architekturbüro von besonderer Bedeutung: Hier gelang ihnen mit der Umnutzung eines ehemaligen Kraftwerkes in ein Kulturzentrum der internationale Durchbruch.

Die «Tate Modern» wurde im Jahr 2000 eingeweiht und katapultierte Herzog & de Meuron in die Topliga der Stararchitekten: 2001 bekamen sie dafür den Pritzker Preis – die höchste Ehre in der Architektur.

  • «London hat uns fit gemacht für andere Herausforderungen!» – Warum?

«Die Tate Modern ist das wichtigste Projekt unserer Karriere», sagt Jacques Herzog im Juni 2016 kurz vor der Eröffnung eines Erweiterungsbaus der Tate Modern gegenüber SRFnews. «Es kam so früh, dass wir uns umstellen mussten – auf einen anderen Massstab, in einer anderen Stadt. London bekommt am meisten Aufmerksamkeit in Europa. Fünf Millionen Menschen besuchen das Museum jährlich. Das ist eine unvorstellbare Zahl.»

Und Pierre de Meuron ergänzt: «Wichtig war das Projekt für uns auch, weil wir dabei die angelsächsische Kultur kennenlernen konnten. Das hat uns fit gemacht für andere Herausforderungen, von Amerika bis China.»

  • Wieso ist und bleibt London ihre Referenz?

London bleibt fürs Basler Architekturbüro bis heute wichtig: Im vergangenen Jahr wurden zwei Grossprojekte fertiggestellt: ein Wohnhochhaus, One Park Drive in Canary Wharf, direkt neben dem Londoner Finanzzentrum. Hinzu kommt die Kunstschule Royal College of Art.

Im Projektstadium befindet sich ein Stadion-Neubau für den FC Chelsea. Das neue «Stamford Bridge»-Stadion soll rund 60'000 Zuschaueende aufnehmen können und gemäss britischen Sportmedien mindestens 1,5 Milliarden Pfund kosten. Es wird frühestens 2030 in Betrieb gehen.

Veranstaltungshinweis

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Die Ausstellung Herzog & de Meuron läuft vom 14. Juli bis 15. Oktober 2023 in der Royal Academy, London.

SRF1, Tagesschau, 13.07.2023, 19:30 Uhr

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