500 Soldaten um der Ehre willen in den Tod schicken? Das war für Shigeru Mizukis Leutnant ein Klacks. Shigeru Mizuki war 20, als er in die japanische Armee einberufen wurde. Der zweite Weltkrieg tobte, und Mizukis Einheit besetzte den Vorposten einer Insel im Pazifik – 4500 Kilometer von zuhause entfernt.
Die Soldaten hausten in Baracken, litten Hunger, wurden von ihren Offizieren schikaniert und verprügelt. Um zu überleben duckten sie sich, sie tricksten, beklauten sich und die Inselbevölkerung.
Shigeru Mizuki (1922-2015) ist einer der grossen Meister der japanischen Comics, der Mangas. Er gehört zu den ersten, der seine traumatischen Kriegserinnerungen verarbeitete. «Auf in den Heldentod!» erschien ursprünglich 1973.
Bis heute ist «Auf in den Heldentod!» einer der wenigen Mangas, der das japanische Verhalten im zweiten Weltkrieg kritisch hinterfragt. Es sei kein echter Tatsachenbericht, betont Mizuki im Nachwort, aber die Geschichte sei «zu 90 Prozent wahr».
Ein sinnloses Opfer
Minutiös und immer aus der Perspektive der Rekruten schildert Mizuki in «Auf in den Heldentod!» den Alltag der 500 jungen Soldaten und stellt dabei den Zynismus der Armee, die Inkompetenz, die Selbstherrlichkeit und die Brutalität der japanischen Offizierskaste in den Mittelpunkt.
Statt sich um die Sicherheit und die Versorgung ihrer Truppen zu kümmern, gehorchten Mizukis Offiziere blind der kaiserlichen Propaganda, die die japanische Überlegenheit und den nahenden Endsieg herbeifeierte. Stattdessen aber nahten die Amerikaner.
Und da nimmt Mizukis Erzählung erschreckende, ja gerade abstruse Züge an: Statt die strategisch bedeutungslose Stellung aufzugeben und sich einem grossen, nur wenige Kilometer entfernten Truppenverband anzuschliessen, zog es Mizukis Offizier vor, sich und seine Einheit grundlos in den rituellen «Heldentod» zu treiben, um Japans Ehre nicht zu besudeln.
Menschen wie Socken
In der japanischen Armee, so empört sich Mizuki, waren die einfachen Soldaten ein Verbrauchsgut wie Socken. Diesen Zynismus bebildert Mizuki in «Auf in den Heldentod!» auf eindringliche Weise.
Wenn er Geschichten über den Krieg erzähle, sagt Mizuki auch, packe ihn eine unsagbare Wut. Diese Wut ist durchaus spürbar, allerdings vor allem unterschwellig. Erstaunlich ist nämlich, mit welcher Leichtigkeit und mit wieviel Galgenhumor er seine Erinnerungen verarbeitet.
Auch zeichnerisch wirkt dieser Manga schmissig und munter. Die Hintergründe sind detailliert und realistisch gestaltet, die Figuren im Vordergrund hingegen stilisiert und karikaturistisch überzeichnet.
Überlebt – mit einem Arm weniger
Es ist, als liessen sich der militärische Irrsinn und die Beschränktheit der Offiziere nur mit Humor ertragen. Die Komik verhindert ein Abrutschen in Pathos und Selbstmitleid und schärft Mizukis Abrechnung zusätzlich.
Im Manga sterben alle 500 Soldaten den Heldentod. Im richtigen Krieg haben immerhin 80 Männer überlebt. Darunter auch Mizuki – während des Angriffs lag er im Lazarett, weil er kurz zuvor bei einem Bombenangriff den linken Arm verloren hatte.
Das hinderte Mizuki aber nicht daran, nach dem Krieg zu einem der bedeutendsten Comic-Autoren Japans zu werden. Nicht zuletzt dank dieser meisterhaften Kriegsgeschichte.