Freundlich empfängt sie die Zuschauer und schlängelt sich 80 Meter durch den lichten Schweizer Pavillon, den Giacometti vor gut 60 Jahren erbaut hatte: Valentin Carrons gusseiserne Schlange mit zwei Köpfen. Beim Besuch des Schweizer Pavillons an der Biennale von Venedig muss man aufpassen, dass man nicht auf sie tritt. Neben der Schlange trifft der Besucher auf Motorroller. Liebevoll restauriert stehen sie im Schweizer Pavillon, neben plattgewalzten Blechblasinstrumenten und einer Wandinstallation mit eingelegten Glassteinen.
Von sieben Juroren nach Venedig gewählt
Der Walliser Künstler Valentin Carron ist von sieben Juroren der Stiftung Pro Helvetia dazu auserwählt worden, den diesjährigen Schweizer Pavillon an der 55. Biennale in Venedig zu bespielen. «Den Juroren, die im Auftrag von Pro Helvetia handelten, gefiel Carrons eigenwillige Art, bestehendes neu zu sehen und Gesehenes neu darzustellen», erklärt Marianne Burki, Leiterin der Abteilung Visuelle Künste von Pro Helvetia gegenüber SRF 2 Kultur. Die Kriterien der Jury? «Nach Venedig gewählt wird, wer mit seiner Kunst Debatten auslöst, in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Kunst, die eine grosse Spannbreite des Vokabulars des Künstlers zeigt, aber auch eine Kontinuität des Vorgehens», so Burki. Kuratiert wird die Carron-Ausstellung von Giovanni Carmine. Der Tessiner ist Direktor der Kunst Halle St. Gallen.
Von der Heimat Inspiriert
Valentin Carron lässt sich beim Schaffen seiner Kunstwerke gerne und oft von seiner Heimat, dem Wallis, inspirieren. Der 35Jährige stammt aus Martigny und lebt und arbeitet im Winzerdorf Fully im Rhonetal. Die plattgedrückten Blasinstrumente beispielsweise verweisen auf die Vereinsembleme in den Walliser Gaststuben. Blasmusik wird in den Dörfern gespielt, ist neben dem Gesang des Kirchenchors oft die einzig präsente Musik.
Auch das gigantische schwarze Holzkreuz, das Valentin Carron 2009 vor den Toren der Art Basel ausstellte, stellte unter anderem eine Auseinandersetzung mit seiner Heimat dar: Überall im Wallis, in allen Dörfern, an den Wanderwegen, in den Häusern ist das Kreuz präsent.
Der Prophet, der sich die Weihen im Ausland holt
Valentin Carron ist national und international bei Insidern geschätzt und bekannt. Im Wallis selbst jedoch hat man Mühe, seine Kunst zu finden.Er verkörpert die altbekannte Geschichte des Propheten, der im eigenen Land erst dann wahr genommen wurde, nachdem ihm das Ausland die höheren Weihen gespendet hatte: Das letzte Mal im Wallis ausgestellt hat Valentin Carron vor rund 10 Jahren – und hat dabei bei den Ausstellern einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen: Ungefragt sprayte er damals seine Kunst auf die Galerie-Wände.