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Bild 1 von 11. 2014: Schang Hutter besichtigt die Jubiläumsausstellung zu seinem 80. Geburtstag. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 11. Die Skulpturen «Der Verletzlichkeit Raum geben» und «Himmelsgras» von Schang Hutter in der aktuellen Ausstellung im ehemaligen Tramdepot Burgernziel. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 11. Schang Huters Figuren hängen wie Marionetten zwischen überlangen Armen und Beinen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 11. 2004: Der Künstler Schang Hutter beim Einrichten einer Ausstellung in der Galerie und Museum von Silvio Baviera Zürich. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 11. 2004: Der damalige deutsche Kanzler Gerhard Schröder eröffnet mit dem Zürcher Stadtpräsidenten Elmar Ledergerber eine Ausstellung von Hutter (ganz rechts) in einer Galerie im Langstrassenquartier. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 11. 2002: Schang Hutter neben seinen Skulpturen in Langenthal BE. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 11. 2002: Schang Hutter und eine seiner Skulpturen auf einem Fabrikareal in Langenthal. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 11. 1998: Schang Hutter löste einen Skandal aus, als er zum 150-Jahre-Jubiläum des Bundesstaates seine Skulptur «Shoah» vor das Bundeshaus stellte. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 11. Ein paar Tage später entfernten Mitglieder der Freiheitspartei die Skulptur über Nacht wieder. Auf Einladung von Zürichs Stadtpräsident Josef Estermann kam «Schoah» schliesslich auf den Paradeplatz in Zürich zu stehen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 11. 1992: Schang Hutter (links) mit Roberto Medici an der Eröffnung einer Ausstellung im Kunstraum von Medici, Solothurn. Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 11. 1980: Skulpturen von Schang Hutter an der Grün 80, der 2. Schweizerischen Ausstellung für Garten- und Landschaftsbau in Basel. Bildquelle: Keystone.
Natürlich hatte er als Kind gewusst, dass Krieg war. Was das genau bedeutete, haben seine Eltern ihm allerdings nicht erzählt. Schang Hutter, 1934 in Solothurn geboren, wuchs behütet auf. Er begann eine Steinbildhauer-Lehre bei seinem Vater. Mitte der 1950er-Jahre ging Schang Hutter nach München, um an der Akademie der bildenden Künste zu studieren. Im Umkleideraum des Schwimmbads, das er oft besuchte, lagen neben Schuhen und Kleidern auch Arm- und Beinprothesen. In der Dusche und im Schwimmbecken sah er die kriegsversehrten Männer.
In München erlernte er das Staunen darüber, was der Mensch dem Menschen antun kann. Dieses Staunen hat ihn nicht mehr losgelassen. «Ich staune immer noch, wie Menschen miteinander umgehen», sagt er heute.
Die Arme sind das Wesentliche
Dieses Staunen ist der Ausgangspunkt für Hutters Schaffen. Zeitlebens haben ihn die Schrecken des Zweiten Weltkriegs und des nationalsozialistischen Terrors beschäftigt. In seinen Arbeiten, vor allem seinen Grossplastiken, versucht er der Verletztheit und Verletzlichkeit des Menschen Ausdruck zu geben. Dabei lenkt er seine besondere Aufmerksamkeit auf die Arme. Die Arme, sie sind für Hutter das Wesentliche am Menschen. «Mit den Armen kann man streicheln und schiessen», sagt er.
In seinen Plastiken betont Schang Hutter die Arme und nimmt ihnen zugleich jede Kraft. Er verlängert sie und macht sie zu schlaffen Bändern. Auch die Beine zieht er in die Länge wie Kaugummis. Seine spitznasigen Figuren hängen wie Marionetten zwischen diesen überlangen Extremitäten, ausgeliefert an das eigene Mensch-Sein. Hutter erzeugt so ein Bild menschlicher Ohnmacht, das er unendlich oft wiederholt und variiert. Unzählige dieser Figuren und Figurenensembles vereint die Ausstellung im Tramdepot Burgernziel in Bern. Gerade in dieser Häufung wird deutlich, dass der Künstler hier ein Motiv verarbeitet, das ihn einfach nicht loslässt.
Rosa ist die Farbe der Verletzlichkeit
Oft unterstreicht er die Aussage seiner Plastiken durch farbige Gestaltung. Er setzt dabei vor allem auf Rot- und Rosatöne. Rosa, das ist für ihn die Farbe der Verletzlichkeit. Babys wickelt man in rosa Tücher. Die Farbe Rot hingegen ist bei Hutter politisches Bekenntnis.
Er ist Mitglied der Sozialdemokratischen Partei und kandidierte 1991 für den Ständerat. Dass er nicht gewählt wurde, überrascht ihn nicht, gleichwohl bedauert er es ein wenig. Er ist überzeugt: «Ich wäre ein ungewöhnlicher Politiker geworden.» Er wäre, so sagt er, auch als Ständerat an Demonstrationen gegangen.
Politisches Engagement
Auch als Künstler hat er Auseinandersetzungen nicht gescheut. 1998 löste er mit seiner «Shoah»-Skulptur einen Skandal aus. Die Arbeit war als Endpunkt eines Stationenwegs zu 200 Jahren Schweizer Geschichte gedacht. Hutter stellte sie gegen alle Abmachungen vor dem Hauptportal des Bundeshauses auf, als Hinweis darauf, dass Schweizer Politiker sich im Zweiten Weltkrieg gegen die Aufnahme jüdischer Flüchtlinge aus Deutschland gestellt hatten. Als die Freiheitspartei die Arbeit über Nacht entfernen liess, machte das schweizweit Schlagzeilen.
Die «Shoah»-Skulptur steht im Aussenbereich des ehemaligen Tramdepots, das für die grosse Schang-Hutter-Ausstellung aufwendig aufgearbeitet werden musste. Unter anderem wurden Holzböden mit Unterböden eingezogen. Nach der Ausstellung werden die ehemaligen Werkhallen einer Wohnüberbauung weichen.