Das Kunstmuseum Basel bietet wieder einmal einen Blick «hinter die Kulissen» seiner Gemälde. Deren Rückseiten nämlich verraten mehr als gedacht: Hinter historischen Abbildungen verbirgt sich – wortwörtlich – allerhand.
Die Warnung: Das passiert mit Betrügern
Die Gewohnheit der Museen, Bilder schön ordentlich an die Wand zu hängen, verschleiert, dass Kunstwerke im Mittelalter und in der Renaissance nicht nur dekorativen Zwecken dienten. Ein Beispiel dafür ist das Porträt von David Joris, das etwa um 1540 entstanden ist. Auf den ersten Blick zeigt es einen Edelmann. Doch eine nach Joris' Tod auf der Rückseite aufgetragene Inschrift räumt mit diesem Irrtum auf.
In Wirklichkeit war der Porträtierte – zumindest nach damaliger Auffassung – Anführer einer Sekte und führte ein Doppelleben, das nach seinem Tod enttarnt wurde. Zur Strafe wurde sein Leichnam ausgegraben und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Den Betrachtenden des Bildes diente es wohl als Mahnung, nicht vom rechten Glauben abzufallen.
Das Beweismittel: Auch vor Gericht stichhaltig
Beim Bildnis des frischvermählten Paares Melchior Hornlocher und Katharina Eder aus dem Jahr 1577 handelt es sich zunächst um ein gewöhnliches Doppelporträt. Doch warum befinden sich auf der Rückseite Namen und Wappen der Eheleute und ein Datum? Mit einem solchen Bildnis liessen sich wohl zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Es schmückte einerseits das neue gemeinsame Zuhause der Eheleute und bezeugte den Zusammenschluss zweier wohlhabender Familien. Ferner konnte ein solches Bildnis, wie Kurator Bodo Brinkmann erläutert, sogar als Beweismittel vor Gericht dienen: «In diesem Sinne war ein solches Ehegattenbildnis auch ein juristisches Dokument.»
Die Tabuthemen: Sex und Tod
Die Vorderseite des Bildes «Bathseba im Bade» des Malers Niklaus Manuel ziert eine nackte Badende – ein für die damalige Zeit konventionelles erotisches Sujet. Die Rückseite hingegen fördert Unerhörtes zutage. Eine den Tod darstellende männliche Figur greift einer jungen Frau – damals wie heute ein Tabu – in den Schritt. Die Frau sollte wohl eine Prostituierte darstellen, die den Söldnerheeren hinterher zog.
Da feindliche Truppen die Frauen brutal misshandelten und die Syphilis in dieser Zeit in Europa grassierte, interpretiert Bodo Brinkmann: «Diese Damen lebten unter einer realen Todesbedrohung, die hier reflektiert wird.»
Der Job des Kurators: Detektivarbeit
Viele der ausgestellten Werke sind Altarbilder aus dem 16. Jahrhundert, deren Rückseiten von der bewegten Geschichte der Reformation zeugen. Das Ausmass der Zerstörung lässt vermuten, dass einige Rückseiten Opfer des Bildersturms wurden.
Während im Fall der Rückseite des Bildnis' «Die Mantelspende des heiligen Martin» des «Meister von Sierentz» genannten Künstlers selbst fantasievolle Laien kein Motiv mehr erkennen können, verweist die schräge Linienführung für Bodo Brinkmann eindeutig auf eine Kreuzigungsszene: «Manchmal ist es wirklich eine Spurensuche.»