Ein Krokodil im Kirchenraum, Papst Johannes Paul II., der von einem Meteorit getroffen wird, oder ein betender Hitler: Der italienische Künstler Maurizio Cattelan liebt die Provokation. Ausgerechnet ihn engagiert die römisch-katholischen Kirche nun für ihren Pavillon an der Biennale in Venedig.
Es wäre aber nicht das erste Mal, dass der Künstler für oder in einer Kirche ausstellt. Vergangenes Jahr erst sorgte eine Krokodilskulptur von ihm in der Taufkapelle des Doms von Cremona für Aufsehen.
Mit diesen Kunstwerken sorgte Cattelan für Furore
Kirchliche Kunst im Knast
Wie der Vatikan am 11. März bekannt gab, umfasse Cattelans Arbeit «ein grosses Kunstwerk im Freien an der Fassade der Gefängniskapelle, das sowohl durch seine Grösse als auch durch seine emotionale Wirkung beeindruckt».
Cattelans Auftrag in Venedig besteht aus einer 12-minütigen Videoinstallation unter der Regie der Schauspielerin Zoe Saldaña und ihres Ehemanns, des italienischen Regisseurs und Produzenten Marco Perego. Das Werk schlage eine Brücke zur Strassenzeitung «L’Osservatore di Strada», an deren Biennale-Sonderausgabe sich die Insassinen des Frauengefängnisses beteiligen.
Art Banane: Catellan ging mit Obst viral
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Maurizio Cattelans Kunst wurde 2019 zu einer viralen Sensation, als die Galerie Perrotin auf der Art Basel Miami Beach Catellans Werk «Comedian» ausstellte: eine Banane, die mit Klebeband an eine Wand geklebt war. Sie wurde für 120.000 Dollar verkauft und schliesslich vom Künstler David Datuna gegessen.
Die zweite Version von «Comedian», die 2023 im Leeum Museum of Art in Seoul ausgestellt wird, wurde auf ähnliche Weise verzehrt, diesmal von einem südkoreanischen Studenten.
Zudem hat Papst Franziskus angekündigt, die Biennale und den Vatikan-Pavillon am 28. April zu besuchen. Damit wäre er der erste Papst auf der berühmten Kunstschau. «Die Zeit ist auch reif für den Papstbesuch», sagt SRF-Religionsexpertin Judith Wipfler. Die Biennale sei in den letzten Jahren aktivistischer geworden: Aktivismus für Klima, gegen kapitalistische Auswüchse. Und das passe wiederum gut zur Haltung von Franziskus.
Kirche will in der Kunst wieder mitmischen
Ist die Zusammenarbeit mit Cattelan womöglich ein Teil dieses Aktivismus? Jedenfalls sei die Kooperation mit einem so provokanten Künstler ein geschickter Schachzug seitens der Kirche, erklärt Wipfler: «Nachdem die Kirche über viele Jahrhunderte die wichtigste Kunststifterin gewesen ist, will sie von der modernen Kunstwelt wieder ernst genommen werden.»
Bis in die Moderne waren Kirche und Kunst untrennbar. Die Vatikanischen Museen sind eines der grössten und wichtigsten Kunstmuseen der Welt, auch für nicht-christliche Kunst. Doch die Sammlung endet mehr oder weniger in den 1970er-Jahren. Dieser Bruch kam mit dem Aufkommen der modernen Kunst.
Seit ein paar Jahren zeige die Kirche sich wieder progressiver, so Wipfler: «Papst Benedikt XVI, ein Schöngeist, ging 2001 erste Schritte auf zeitgenössische Künstler zu und lud sie in die Sixtinische Kapelle ein.» Jetzt Cattelan zu engagieren sei ein mutiger, aber auch logischer Schritt.
«Rebellische Kunst» ist nicht ganz neu
Die als prüde angesehene römisch-katholische Kirche sorgte jedoch auch früher schon für Aufsehen mit ihrer Kunst. «Oft war Nacktheit Stein päpstlichen Anstosses», sagt Wipfler.
Beispielweise die Ausmalung der Sixtinischen Kapelle durch Michelangelo, heute Höhepunkt des Rundgangs durch die Vatikanischen Museen. Michelangelos nackte Penisse wurden erst mehrere hundert Jahre später im Barock übermalt. Oder die antiken, nackten Statuen: Diese hätten spätmittelalterliche Päpste selbst begeistert gesammelt, besonders der Begründer der Vatikanischen Museen Julius II.. «Die sprichwörtlichen ‹Feigenblätter› wurden den griechisch-römischen Mannsbildern auch erst im Barock auf den Penis montiert», so Wipfler.
Veranstaltungshinweis
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Die Biennale in Venedig findet vom 20. April bis zum 24. November statt. Der Titel der diesjährigen Kunstschau: «Stranieri Ovunque – Foreigners Everywhere», auf Deutsch: «Fremde überall».
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