Eberhard W. Kornfeld sitzt im Büro seiner Galerie an der Berner Laupenstrasse. In diesem Raum scheint die Zeit stillzustehen. Einen Computer hat es dort nicht. Aber Kunstwerke, Fotografien, Bücher, einen Tresor.
Und eine grosse Lupe, um Grafiken zu studieren. Kornfelds scharfem Blick entgeht nichts. Charme und Schalk sind dem 95-Jährigen geblieben. Nur die Stimme ist etwas brüchig geworden.
Berühmte Adresse im Auktionsgeschäft
Zu seinem Geburtstag, im September letzten Jahres, trafen Gratulationsschreiben aus aller Welt ein. Der gebürtige Basler habe sein Haus zu einer der berühmtesten Adressen im globalen Auktionsgeschäft gemacht, schrieb die «FAZ».
Kornfeld bewegt sich seit Jahrzehnten in einem goldenen Netzwerk des Kunstbetriebs, in dem Diskretion zu den harten Währungen zählt. Von seinem Grossmut haben manche profitiert. In Bern, seiner Wahlheimat, ist der Ehrenbürger so gut wie unantastbar.
Diskretion als harte Währung
Es gibt aber auch Kritiker. Solche, die ihm unterstellen, allzu unbekümmert Handel mit historisch belasteten Kunstwerken betrieben zu haben.
Unliebsame Aufmerksamkeit erfuhr er 2013, als der Fall Gurlitt publik wurde. Kornfeld stand in einer Geschäftsbeziehung zu Cornelius Gurlitt.
Bis heute ärgert er sich über die Rolle der Medien im Fall Gurlitt, sieht sich als Opfer einer Sensationskampagne.
Der Kunsthändler als Freund und Sammler
Die Welt der Kunst: Kornfeld begann früh, sich dafür zu interessieren. Als junger Mann kam er nach Bern, wurde Volontär bei August Klipstein. Der Kunsthändler wurde für ihn zur prägenden Figur, und sein Tod 1951 war eine Zäsur. Kornfeld führte die Firma weiter, mit grossem Erfolg. Bis heute.
Kornfeld ist ein Kunsthändler mit Talent zur Freundschaft: Albert Giacometti, Sam Francis, Pablo Picasso, Marc Chagall: Mit ihnen – und manch anderen grossen Künstlern – war er freundschaftlich verbunden. «Ich habe immer den persönlichen Kontakt gesucht», sagt er. «Es war aber auch eine sehr gute Zeit, die Künstler waren zugänglicher als heute».
Unvorstellbar viele Werke hat er in seinem Leben verkauft. Gegen 100'000 sollen es gewesen sein. Viel Kunst hat er aber auch gesammelt. Vor allem Werke Ernst Ludwig Kirchners, mit dem er sich ein Leben lang beschäftigt hat.
Erben sollen Sammlung verkaufen
So konsequent er seine Sammlung zusammentrug, so konsequent plant er auch, was damit geschehen soll: Ausgewählte Werke hat er Museen vermacht, «um Lücken zu füllen». Doch der grosse Rest soll nicht in Museen landen, den «Leichenkammern der Kunst», wie er sie nennt. Seine Erben sollen die Sammlung auf dem Kunstmarkt verkaufen.
Nein, stolz sei er nicht auf sein Leben, meint Kornfeld, aber «zufrieden». Nur die lädierten Knie machen ihm zu schaffen.
Seinen Tod, sagt er, stelle er sich vor wie den seines «Lehrers»: August Klipstein brach über seinem Schreibtisch zusammen, mitten bei der Arbeit.
Auch Eberhard W. Kornfeld, 95, arbeitet und arbeitet.