Am Strand der pakistanischen Hauptstadt Karachi liegt jede Menge Müll. Abwässer werden ungeklärt ins Meer geleitet. Trotzdem ist Karachi Beach gut besucht. «Das ist der Strand der armen Leute», erklärt die deutsche Journalistin Julia Tieke.
Steigende Meeresspiegel, flüchtende Menschen
Julia Tieke hat gemeinsam mit ihrer pakistanischen Kollegin Yaminay Chaudhri die Website «Karachi Beach Radio» eingerichtet, wo sie Fotos und Audiodateien präsentiert. Interviews mit Anwohnern und Strandbesuchern, Geräusche der nah gelegenen Strasse und von flatternden Plastikplanen.
«Es gibt grosse Bauprojekte am Strand», so Julia Tieke. «Internationale Baufirmen schütten Land auf und verändern so das komplette Ökosystem. Das wiederum hat soziale Auswirkungen, zum Beispiel auf die Fischer.» Wer aber hat das Recht, fragen die Anwohner, so gravierend in die Meeresökologie einzugreifen?
Der Mensch braucht die Natur
Diese Frage findet auch Maya El-Khalil interessant. Sie ist Kuratorin der Online-Ausstellung «Take me to the river», wo auch das pakistanische Projekt «Karachi Beach Radio» zu sehen ist. Maya El-Khalil ist überzeugt, dass die Menschen nicht unabhängig von der Natur existieren können. «Wir müssen also aufhören, unsere Lebensgrundlagen zu zerstören.»
Ein Fluss mit Rechten
Maya El-Khalil hat die Online-Ausstellung in fünf Kapitel gegliedert. Das Erste erzählt von der Natur als Rechtspersönlichkeit. Gezeigt wird eine 360-Grad-Video-Dokumentation über den Rio Atrato in Kolumbien, dem vom Verfassungsgericht des Landes das Recht auf «Schutz, Konservierung, Instandhaltung und Restaurierung» zugesprochen wurde.
«Es werden Verantwortliche für diesen Fluss eingesetzt, die im Sinne des Flusses agieren können und auf diese Rechte zurückgreifen können», so Sima Reinisch vom Goethe-Institut.
Der Fluss wurde durch den jahrhundertelangen Abbau von Gold und Platin geschädigt. Die Lebensgrundlagen der indigenen Völker, die an den Ufern siedelten, wurden zerstört. Deshalb wird der Atrato auch im nächsten Ausstellungskapitel erwähnt, in dem es um Umweltschäden geht.
Die Ausstellung als Weckruf
«Wir brauchen definitiv ein neues ökonomisches System», betont Maya El-Khalil. «Das System, das wir jetzt haben, setzt auf Konsum und die übermässige Ausbeutung der Natur. Der Reichtum kommt aber nur wenigen zugute. Die Konzerne werden immer mächtiger, Staaten ziehen sich zurück, Sozialleistungen werden abgebaut. All das können wir jetzt schon spüren.»
Maya El-Khalil will die Ausstellung als Weckruf verstanden wissen.
Denkanstösse statt Katastrophenszenarien
Im letzten Kapitel werden Projekte vorgestellt, die darauf abzielen, Umweltschäden zu reparieren. Der Mexikaner Gilberto Esparza zum Beispiel hat eine Prothese für Korallenriffe entwickelt. «Das sind bewegliche Keramikstrukturen, die in der Lage sind, mithilfe der Meeresströmung Strom zu erzeugen», erklärt Sima Reinisch.
«In Folge elektrolytischer Prozesse scheiden sich dann auf diesen Strukturen Magnesium- und Kalziumminerale ab, sodass das Wachstum der Korallen beschleunigt wird.»
Die Erde, so Reinisch, steuere also nicht zwangsläufig auf eine Katastrophe zu. Die Ausstellung solle nicht Angst machen, sondern Mut. Der Klimawandel könne auf ein erträgliches Mass begrenzt werden, wenn viele Menschen in vielen Ländern das Richtige tun. Die Ausstellung soll dafür Denkanstösse liefern – nicht mehr, aber auch nicht weniger.