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u40 – junge Schweizer Kunst Warum das Vermitteln von Kunst eine stille Sache ist

Museen, Schulen, Vereine und Förderinstitutionen bezeichnen sich gerne als Kunstvermittler. Nur, was wird da vermittelt, und wie? Die Hamburger Künstlerin Durbahn legt im Gespräch mit Samuel Herzog dar, was Vermitteln für sie bedeutet.

Samuel Herzog

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Legende: Lena Eriksson

Samuel Herzog ist freier Autor in den Bereichen Gegenwartskunst und Kulinarik. Seit 2001 ist er Geschäftsführer der Firma HOIO. In Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern diskutiert er für SRF Kultur in einer Reihe von Gesprächen die Themen Kunst im öffentlichen Raum, Zusammenarbeit, Vermittlung und Produktionsbedingungen.

Wir sprechen oft vom «Vermitteln von Kunst». Aber was ist das eigentlich? Geht es darum, Ausstellungsorte für Künstler zu finden? Oder darum, einem Publikum den Sinn eines Werks zu erklären? Ist der Vermittler ein Animator? Ist die Vermittlerin eine Verkäuferin?

Durbahn: Nein. Es geht mir darum, der Frage die Nebenwege zu erklären.

Wie meinen Sie das? Können Sie ein Beispiel machen?

Wenn eine Künstlerin kommt und sagt: «Wo kann ich denn hier in Hamburg ausstellen?», dann ist das gar nicht das, was sie wissen will. Also frage ich zurück: «Was willst du erreichen? Worum geht es dir?» Ich sehe es als meine Aufgabe an, der Sache die Spitze zu nehmen. Denn vielleicht will die Person gar nicht ausstellen. Vielleicht will sie einfach nur wissen, ob das, was sie tut, auch interessant ist.

Als Vermittlerin bin ich eine Mitdenkzentrale.

Also geht es in diesem Fall beim Vermitteln einfach darum, eine Situation zu schaffen, in der sie ihre Frage stellen kann – und vielleicht die eine oder andere Antwort darauf bekommt. Als Vermittlerin bin ich eine Mitdenkzentrale.

Fühlen Sie sich denn überhaupt als Vermittlerin?

Laut Duden heisst vermitteln, den Leuten beim Denken helfen. Also das kann ich. Ich kann aber keine Inhalte oder Prozesse lehren. Ich kann die Leute nur inspirieren.

Durbahn

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Durbahn wurde 1952 geboren. Sie lebt und arbeitet in Hamburg und Lübeck als Künstlerin, Archivarin und Kuratorin. Als Mitarbeiterin bei Bildwechsel ist sie vor allem verantwortlich für das Videomuseum. Sie ist die Initiatorin des Bildwechsel-Videoschlosses.

Lehren oder inspirieren – was sind denn da die wesentlichen Unterschiede?

Für mich ist Lehren etwas Intentionales. Das heisst ich beabsichtige einen Effekt bei meinem Gegenüber. Zum Beispiel kann man Studierenden die Wirkung von Farbe erklären, nach Goethe oder Itten, und das anschliessend prüfen.

Das hat aber für mich nichts mit Vermitteln zu tun. Es gibt Lehrstoff – aber es gibt keinen Vermittlungsstoff. Vermitteln heisst immer, mit dem Gegenüber durch dessen eigene Welt zu spazieren.

Das Vermitteln ist im besten Fall eine zugewandte Form von Kommunikation.

Wenn ich merke, dass eine Künstlerin unzufrieden ist mit einer Arbeit, dann versuche ich herauszufinden, was die Arbeit für sie bedeutet, welche Funktion sie für ihren Ausdruck hat. Es geht dann aber nicht darum, eine Lösung zu finden – sondern darum, verschiedene Orte möglicher Antworten aufzustöbern. Das Lehren ist für mich im schlimmsten Fall einfach Indoktrination. Das Vermitteln ist im besten Fall eine zugewandte Form von Kommunikation.

Das Projekt «u40»

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Wie arbeiten Künstler unter 40 in der Schweiz? Wovon und wofür leben sie? Das Projekt u40 der Sternstunde Kunst gibt in zwei Dokumentarfilmen während 5 Jahren Einblick in das Leben und Werk von 5 jungen Schweizer Künstlerinnen und Künstlern.

Gewöhnlich sind es Kuratoren, Museen, Galerien oder Kritiker, die Kunst vermitteln. Und Lehrer, die angehende Künstler anleiten. Wenn nun aber Künstler selbst Kunst vermitteln, ist das dann eine Notlösung? Oder ist es im Gegenteil der Idealfall?

Weder noch. Man muss das Vermitteln meiner Ansicht nach von einem gezielten Prozess wie dem Sender-Empfänger- oder Lehrer-Schüler-Modell getrennt sehen. Für das Vermitteln sind Augenhöhe und eine nicht hierarchische Situation eine Grundvoraussetzung. So bin ich auch überzeugt, dass mehr Vermittlung stattfindet, wenn Studenten unter sich sind, als zwischen Dozierenden und Studierenden.

Es gibt keine Vermittlung ohne ein «Zusammen».

Künstlerische Menschen bilden sich permanent im Gespräch miteinander fort. Beim Zeichnerinnentreffen zum Beispiel, einem seit Jahrzehnten regelmässig stattfindenden Format, geht es ein wenig zu wie bei einer Jam-Session in der Musik. Da probieren wir aus, da spielen wir vor, da testen wir – zusammen, das ist ganz wichtig, es gibt keine Vermittlung ohne «Zusammen».

Lena Eriksson (Illustrationen)

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Legende: Lena Eriksson

Lena Eriksson ist Künstlerin. Ihre Zeichnungen verstehen sich als Dokumente aus einem Künstlerinnenleben. Die hier gezeigten Bilder sind Teil eines Archivs, das sowohl aus ihrem Privatleben und Alltag erzählt, als auch von speziellen Momenten auf Reisen, Veranstaltungen, Kunst oder politischen Ereignissen gespiesen wird.

Können Sie beschreiben, was da konkret passiert? Bei Ihnen?

Mir zum Beispiel fällt es immer schwer, beim Zeichnen etwas einfach so stehen zu lassen. Beim Zeichnerinnentreffen aber kann ich, mit Hilfe der anderen, ausprobieren wie sich das anfühlt, was es künstlerisch bedeutet, wie es sich nach Aussen präsentiert, wenn ich es trotzdem tue.

Bedeutet denn dies, dass Vermittlung nur zwischen Künstlern stattfinden kann?

Vermittlung funktioniert am besten zwischen Gleichen. Es geht um ein Mitschwingen.

Das heisst, Museen oder Kunstschulen können gar keine Vermittlung betreiben.

Nein. Denn sie müssen erfolgreiche Inhalte und Vorstellungen transportieren – also können sie nur lehren, indoktrinieren. Institutionen funktionieren fast immer hierarchisch. Im besten Fall können sie Situationen schaffen, in denen Vermittlung möglich ist. Vermittlung ist nicht erfolgsorientiert und es ist eher eine stille Sache.

Das Gespräch führte Samuel Herzog. Es ist Teil einer Gesprächsreihe zum heutigen Kunstschaffen, die von Sabine Gebhardt Fink, Professorin an der Hochschule Luzern – Design & Kunst, kuratiert wurde.

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